Die fortschreitende Digitalisierung und der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) verändern die Arbeitswelt grundlegend. Für Betriebsräte ergeben sich daraus neue Herausforderungen, aber auch Chancen. Dieser Artikel beleuchtet die Rechte, Pflichten und Mitbestimmungsmöglichkeiten des Betriebsrats im Kontext von KI-Systemen, um eine konstruktive und zukunftsorientierte Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung zu fördern. Es werden die wichtigsten rechtlichen Grundlagen und praktischen Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Gestaltung des Wandels aufgezeigt.
Grundlagen der Mitbestimmung des Betriebsrats bei KI-Systemen
Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung und Nutzung von KI-Systemen im Unternehmen ist durch verschiedene Gesetze und Paragraphen geregelt. Das zentrale Gesetz ist das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), welches dem Betriebsrat in verschiedenen Bereichen Informations‑, Beratungs- und Zustimmungsrechte einräumt.
Ein wichtiger Paragraph ist § 87 BetrVG, der die Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten regelt. Hier ist insbesondere § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG relevant, der die Mitbestimmung bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen vorsieht, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. KI-Systeme, die beispielsweise zur Analyse von Arbeitsabläufen, zur Leistungsmessung oder zur Überwachung von Mitarbeiteraktivitäten eingesetzt werden, fallen in der Regel unter diese Bestimmung.
Darüber hinaus können auch § 90 BetrVG (Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers bei Planung von Neu‑, Um- und Erweiterungsbauten, technischen Anlagen, Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen) und § 91 BetrVG (Mitbestimmung bei Maßnahmen zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit) relevant sein, wenn die Einführung von KI-Systemen mit Veränderungen der Arbeitsbedingungen oder Arbeitsabläufe einhergeht.
Die Mitbestimmung des Betriebsrats erstreckt sich dabei auf verschiedene Aspekte, wie die Art und Weise der Datenerhebung, die Verwendung der Daten, die Transparenz der Algorithmen und die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter.
Um seine Mitbestimmungsrechte geltend zu machen, muss der Betriebsrat frühzeitig in die Planungen des Arbeitgebers einbezogen werden. Er hat das Recht, umfassend informiert und beraten zu werden und kann gegebenenfalls die Zustimmung zu bestimmten Maßnahmen verweigern oder auf Änderungen bestehen.
Weiterführende Informationen zur Mitbestimmung des Betriebsrats bei KI-Systemen bietet ein Fachartikel auf Betriebsrat.de, der eine Synopse zu § 80 Abs. 3 BetrVG und Videos zum Thema bereitstellt: Künstliche Intelligenz – Neue Rechte für den Betriebsrat | Betriebsrat
Rechte des Betriebsrats im Zusammenhang mit KI-Anwendungen
Der Betriebsrat hat im Zusammenhang mit KI-Anwendungen eine Vielzahl von Rechten, die ihm eine aktive Rolle bei der Gestaltung des Einsatzes dieser Technologien im Unternehmen ermöglichen. Diese Rechte umfassen das Recht auf Information, Beratung und Mitbestimmung.
Wie bereits erwähnt, spielt § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG eine zentrale Rolle. Dieser Paragraph gibt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Da viele KI-Systeme potenziell zur Verhaltens- und Leistungskontrolle eingesetzt werden können, greift dieses Mitbestimmungsrecht häufig. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats benötigt, bevor er solche Systeme einführen oder anwenden darf.
Das Recht auf Information ergibt sich aus § 80 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat einen Anspruch darauf, vom Arbeitgeber rechtzeitig und umfassend über alle Angelegenheiten informiert zu werden, die die Interessen der Arbeitnehmer berühren. Dies umfasst auch die Planung und Einführung von KI-Systemen. Der Betriebsrat hat das Recht, alle relevanten Informationen einzusehen und Fragen zu stellen, um die Auswirkungen der Technologie auf die Arbeitnehmer beurteilen zu können.
Das Recht auf Beratung ergibt sich ebenfalls aus § 80 BetrVG. Der Betriebsrat hat das Recht, den Arbeitgeber in allen Angelegenheiten zu beraten, die die Interessen der Arbeitnehmer berühren. Dies umfasst auch die Gestaltung des Einsatzes von KI-Systemen. Der Betriebsrat kann Vorschläge machen, wie die Technologie zum Wohl der Arbeitnehmer eingesetzt werden kann und wie negative Auswirkungen vermieden werden können.
Ein wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit KI-Anwendungen ist der Datenschutz. Der Betriebsrat hat die Pflicht, die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu überwachen. Er muss sicherstellen, dass die Daten der Arbeitnehmer nur im Einklang mit den geltenden Gesetzen und Vorschriften erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Dies umfasst insbesondere die Einhaltung der DSGVO und des BDSG.
Ein Artikel auf Dr-Datenschutz.de beleuchtet die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG im Kontext von KI: Künstliche Intelligenz und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Pflichten des Betriebsrats bei der Einführung von KI
Der Betriebsrat hat bei der Einführung von KI-Systemen nicht nur Rechte, sondern auch klare Pflichten. Diese Pflichten dienen in erster Linie dem Schutz der Arbeitnehmer und der Sicherstellung einer fairen und transparenten Anwendung der Technologie. Eine zentrale Pflicht ist die Wahrung der Interessen der Arbeitnehmer. Der Betriebsrat muss sich aktiv dafür einsetzen, dass die Einführung von KI-Systemen nicht zu einer Benachteiligung der Belegschaft führt, beispielsweise durch Arbeitsplatzverluste oder eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Einhaltung des Datenschutzes. KI-Systeme verarbeiten oft große Mengen an Daten, darunter auch personenbezogene Daten der Mitarbeiter. Der Betriebsrat muss sicherstellen, dass die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden und die Daten der Arbeitnehmer vor Missbrauch geschützt sind. Dies beinhaltet unter anderem die Kontrolle der Datenerhebung, ‑verarbeitung und ‑speicherung. Der Betriebsrat hat hier ein Wächteramt und muss Verstöße gegen den Datenschutz aufdecken und abstellen.
Die Sicherstellung einer fairen und transparenten Anwendung der Technologie ist ebenfalls eine zentrale Pflicht des Betriebsrats. Dies bedeutet, dass die Funktionsweise der KI-Systeme für die Arbeitnehmer verständlich sein muss und die Entscheidungen der Systeme nachvollziehbar sein müssen. Der Betriebsrat muss sich dafür einsetzen, dass die Algorithmen, die den KI-Systemen zugrunde liegen, nicht diskriminierend sind und keine unfairen Ergebnisse liefern. Er muss seine Kontrollfunktion ausüben und sicherstellen, dass die KI-Systeme nicht für unzulässige Verhaltenskontrollen oder Leistungskontrollen eingesetzt werden. Der Betriebsrat muss aktiv werden, wenn er den Verdacht hat, dass KI-Systeme missbraucht werden, um die Arbeitnehmer zu überwachen oder zu benachteiligen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn KI-Systeme eingesetzt werden, um die Arbeitsleistung der Mitarbeiter lückenlos zu erfassen oder um Profile von Mitarbeitern zu erstellen.
Gestaltung der Mitbestimmung: Betriebsvereinbarungen zu KI
Betriebsvereinbarungen spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Mitbestimmung im Zusammenhang mit KI-Systemen. Sie bieten die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI im Unternehmen detailliert zu regeln und die Interessen der Arbeitnehmer zu schützen. Eine Betriebsvereinbarung zu KI kann beispielsweise Regelungen treffen über die Art der eingesetzten KI-Systeme, die Datenerhebung und ‑verarbeitung, die Schulung der Mitarbeiter und die Überwachung der Systeme.
In Bezug auf die Art der eingesetzten KI-Systeme kann in der Betriebsvereinbarung festgelegt werden, für welche Bereiche und Aufgaben KI-Systeme eingesetzt werden dürfen und welche nicht. Es können auch Anforderungen an die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Systeme definiert werden.
Die Datenerhebung und ‑verarbeitung ist ein besonders wichtiger Punkt in einer Betriebsvereinbarung zu KI. Hier muss klar geregelt werden, welche Daten von den KI-Systemen erfasst und wie diese Daten verarbeitet werden dürfen. Es müssen Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Daten der Mitarbeiter getroffen werden, beispielsweise durch Anonymisierung oder Pseudonymisierung.
Die Schulung der Mitarbeiter ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Die Mitarbeiter müssen in die Lage versetzt werden, mit den neuen KI-Systemen umzugehen und die Ergebnisse der Systeme zu interpretieren. Die Betriebsvereinbarung kann Regelungen über die Art und den Umfang der Schulungen treffen.
Auch die Überwachung der Systeme sollte in der Betriebsvereinbarung geregelt werden. Es sollte festgelegt werden, wie die KI-Systeme überwacht werden, um sicherzustellen, dass sie ordnungsgemäß funktionieren und keine unfairen Ergebnisse liefern. Der Betriebsrat sollte ein Recht auf Einsicht in die Überwachungsergebnisse haben.
Eine umfassende Betriebsvereinbarung zu KI kann als eine Art KI-Richtlinie für das Unternehmen dienen. Sie sollte alle wesentlichen Aspekte des Einsatzes von KI-Systemen regeln und sicherstellen, dass die Interessen der Arbeitnehmer gewahrt werden.
Herausforderungen und Chancen für den Betriebsrat
Die Einführung von KI-Systemen stellt den Betriebsrat vor eine Reihe von Herausforderungen. Eine der größten Herausforderungen ist der Mangel an Fachwissen. KI ist eine komplexe Technologie, und es ist oft schwierig für den Betriebsrat, die Funktionsweise der Systeme und die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer zu verstehen. Der Betriebsrat muss sich daher aktiv darum bemühen, sich das notwendige Fachwissen anzueignen, beispielsweise durch Schulungen oder die Hinzuziehung von externen Experten.
Auch die Komplexität der Technologie stellt eine Herausforderung dar. KI-Systeme sind oft sehr komplex und schwer zu durchschauen. Der Betriebsrat muss sich die Zeit nehmen, die Systeme genau zu analysieren und die potenziellen Auswirkungen auf die Arbeitnehmer zu verstehen. Eine weitere Herausforderung ist die Angst vor Arbeitsplatzverlust. Viele Arbeitnehmer befürchten, dass KI-Systeme ihre Arbeitsplätze gefährden. Der Betriebsrat muss diese Ängste ernst nehmen und sich dafür einsetzen, dass die Arbeitsplätze der Arbeitnehmer erhalten bleiben. Dies kann beispielsweise durch die Vereinbarung von Qualifizierungsmaßnahmen oder die Schaffung neuer Arbeitsplätze geschehen.
Gleichzeitig bietet KI dem Betriebsrat aber auch große Chancen. KI kann dazu beitragen, die Arbeitnehmer von Routineaufgaben zu entlasten und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. So können beispielsweise KI-Systeme eingesetzt werden, um repetitive Aufgaben zu automatisieren oder um die Arbeitsplanung zu optimieren. Durch die Entlastung von Routineaufgaben können sich die Arbeitnehmer auf anspruchsvollere und kreativere Tätigkeiten konzentrieren. Auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist ein wichtiger Aspekt. KI-Systeme können beispielsweise eingesetzt werden, um die Ergonomie am Arbeitsplatz zu verbessern oder um die Sicherheit der Arbeitnehmer zu erhöhen.
Best Practices für die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber
Eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ist essentiell für die erfolgreiche Einführung und Anwendung von KI-Systemen. Dies beginnt mit einer offenen Kommunikation, in der beide Seiten ihre Perspektiven und Bedenken austauschen. Eine frühzeitige Einbindung des Betriebsrats in alle Planungsphasen ermöglicht es, die Expertise der Arbeitnehmervertretung zu nutzen und potenzielle Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen.
Eine gemeinsame Analyse der Auswirkungen der Technologie auf die Arbeitsplätze und die Arbeitsbedingungen ist unerlässlich. Dabei sollten sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte berücksichtigt werden. Auf dieser Basis können maßgeschneiderte Lösungen entwickelt werden, die den Bedürfnissen des Unternehmens und der Beschäftigten gleichermaßen gerecht werden.
Ein wichtiger Aspekt ist die Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit den neuen KI-Systemen. Der Betriebsrat kann sich hier aktiv einbringen und sicherstellen, dass die Schulungen bedarfsgerecht und verständlich sind. Auch die kontinuierliche Überwachung der Systeme und die Anpassung der Prozesse sollten gemeinsam erfolgen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit auf Vertrauen, Transparenz und dem Willen zum Kompromiss basiert. Nur so können die Chancen der KI optimal genutzt und die Interessen der Arbeitnehmer gewahrt werden.
Fazit
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz bietet Unternehmen große Chancen, stellt Betriebsräte aber auch vor neue Herausforderungen. Durch eine frühzeitige und konstruktive Zusammenarbeit, basierend auf den gesetzlichen Rechten und Pflichten, können die Chancen der Technologie optimal genutzt und die Interessen der Arbeitnehmer gewahrt werden.
Weiterführende Quelle:
- Einführung von KI im Unternehmen – Einbindung des Betriebsrats
https://www.cmshs-bloggt.de/rechtsthemen/kuenstliche-intelligenz/einfuehrung-von-ki-im-unternehmen-einbindung-des-betriebsrats/
Dieser Blogbeitrag thematisiert die Einbindung des Betriebsrats bei der Einführung von KI-Systemen und die Mitbestimmungsrechte gemäß § 87 BetrVG.
Weiterführende Quellen
- Künstliche Intelligenz – Neue Rechte für den Betriebsrat | Betriebsrat https://www.betriebsrat.de/fachartikel/kuenstliche-intelligenz/kuenstliche-intelligenz-neue-rechte-fuer-den-betriebsrat-3133662 – Bietet eine Synopse zu § 80 Abs. 3 BetrVG und Videos zum Thema Mitbestimmung des Betriebsrats bei KI.
- Künstliche Intelligenz und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats https://www.dr-datenschutz.de/kuenstliche-intelligenz-und-mitbestimmungsrechte-des-betriebsrats/ – Beleuchtet die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG im Kontext von KI.
- Einführung von KI im Unternehmen – Einbindung des Betriebsrats https://www.cmshs-bloggt.de/rechtsthemen/kuenstliche-intelligenz/einfuehrung-von-ki-im-unternehmen-einbindung-des-betriebsrats/ – Thematisiert die Einbindung des Betriebsrats bei der Einführung von KI-Systemen und die Mitbestimmungsrechte gemäß § 87 BetrVG.