Die nächste Stufe der EU-KI-Verordnung tritt am 1. August 2025 in Kraft – mit spürbaren Folgen für den betrieblichen Alltag. Unternehmen, die künstliche Intelligenz im Personalbereich, bei der internen Kommunikation oder in Kundenprozessen einsetzen, müssen sich jetzt auf neue rechtliche Anforderungen einstellen.
Besonders im Fokus stehen sogenannte „Allzweck-KI-Systeme“ (GPAI), also etwa generative Modelle wie ChatGPT. Sie unterliegen künftig strengeren Dokumentations- und Transparenzpflichten – auch dann, wenn sie nur unterstützend im Arbeitsprozess verwendet werden.
Hinzu kommt: Auch Betriebsräte und Datenschutzbeauftragte gewinnen bei der Einführung solcher Systeme an Bedeutung. Wer hier frühzeitig handelt, minimiert rechtliche Risiken – und zeigt Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden und Gesellschaft.
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Pflichten ab August gelten, wen sie betreffen und welche konkreten Schritte Arbeitgeber jetzt einleiten sollten.
Was genau ändert sich ab 1. August 2025?
Mit dem 1. August 2025 beginnt eine neue Phase der EU-KI-Verordnung, die insbesondere sogenannte Allzweck-KI-Systeme betrifft – offiziell als „General Purpose AI“ (GPAI) bezeichnet. Dazu zählen unter anderem Sprachmodelle wie ChatGPT, Claude, Mistral oder Gemini, die nicht für einen spezifischen Zweck programmiert wurden, sondern in vielen betrieblichen Kontexten eingesetzt werden können.
Für Unternehmen bedeutet das: Auch die Nutzung dieser Modelle im Alltag – etwa zur Textproduktion, im Kundenkontakt oder in der Personalverwaltung – unterliegt nun spezifischen Pflichten.
Konkret verpflichtet die Verordnung Unternehmen dazu:
- offenzulegen, wenn solche Systeme zum Einsatz kommen,
- technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um Missbrauch zu vermeiden,
- eine Dokumentation darüber zu führen, in welchen Kontexten die KI eingesetzt wird,
- und gegebenenfalls eine menschliche Kontrolle sicherzustellen.
Diese Pflichten richten sich nicht nur an die Hersteller dieser KI-Systeme, sondern explizit auch an Nutzer im Unternehmenskontext – also an Arbeitgeber. Wer KI einsetzt, trägt künftig eine klare Verantwortung für Transparenz, Fairness und rechtssichere Integration in die Arbeitswelt.
Welche Unternehmen sind betroffen?
Die neuen Vorschriften gelten nicht nur für große Konzerne oder Tech-Unternehmen – betroffen sind im Grunde alle Arbeitgeber, die KI-Systeme im Arbeitsalltag einsetzen oder dies künftig planen. Besonders relevant wird die Verordnung für Unternehmen, die:
- generative KI wie ChatGPT, Claude oder ähnliche Tools in internen Abläufen verwenden,
- KI-gestützte Bewerbungsverfahren, automatisierte Leistungsbewertungen oder Mitarbeiterkommunikation einsetzen,
- digitale Assistenzsysteme, Chatbots oder Content-Generatoren in der Kundeninteraktion nutzen,
- oder eigene KI-Lösungen entwickeln und in bestehende Prozesse integrieren.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die KI intern zur Effizienzsteigerung dient oder kundenorientiert eingesetzt wird – sobald die Systeme potenziell Auswirkungen auf Mitarbeitende haben oder Entscheidungen beeinflussen, greift das Regelwerk.
Selbst kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die mit Open-Source-KI experimentieren oder Drittanbieter-Tools in den Arbeitsalltag integrieren, müssen sicherstellen, dass ihr Einsatz den neuen Pflichten genügt. Die EU-Verordnung macht also klar: Verantwortung für KI am Arbeitsplatz ist keine Frage der Unternehmensgröße – sondern der Transparenz und Fairness.
Pflichten für Unternehmen (ab August 2025)
Das müssen Arbeitgeber beachten
Mit dem Wirksamwerden der neuen Regelungen ab dem 1. August 2025 erweitert sich die Verantwortung von Unternehmen deutlich – und zwar nicht nur auf technischer Ebene, sondern auch arbeitsrechtlich und organisatorisch.
Folgende Pflichten treffen Arbeitgeber konkret:
- Transparenzpflicht: Mitarbeitende müssen darüber informiert werden, wann und wie KI-Systeme zum Einsatz kommen.
- Dokumentationspflicht: Der Einsatz generativer KI muss systematisch erfasst und dokumentiert werden.
- Menschliche Aufsicht: Entscheidungen, die KI vorbereitet, dürfen nicht rein automatisiert getroffen werden.
- Risikobewertung & Auditierbarkeit: Unternehmen müssen prüfen, ob die eingesetzte KI ein Risiko darstellt – diese Bewertung muss nachvollziehbar sein.
- Schulung & Sensibilisierung: Arbeitgeber sind verpflichtet, Mitarbeitende mit ausreichender KI-Kompetenz auszustatten.
Diese Pflichten sind nicht optional. Wer die eigene KI-Nutzung nicht aktiv strukturiert, geht ab August ein hohes rechtliches Risiko ein.
Betriebsrat und Mitbestimmung – was ist neu?
Der Einsatz von KI am Arbeitsplatz berührt in vielen Fällen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Denn: Sobald KI-Systeme verwendet werden, die das Verhalten, die Leistung oder Entscheidungen über Beschäftigte betreffen, ist der Betriebsrat zwingend einzubeziehen.
Besonders relevant ist dabei:
- § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG: Mitbestimmung bei Überwachungstechnologien schließt KI-Systeme mit ein.
- Frühe Einbindung: Der Betriebsrat muss vor Einführung eines KI-Systems informiert werden.
- Betriebsvereinbarungen: Gemeinsame Regeln zu Einsatz, Transparenz und Datenverarbeitung schaffen Klarheit.
- Informationsrechte nach § 80 BetrVG: Der Betriebsrat kann umfassende Einblicke in KI-Nutzung verlangen.
Unternehmen, die auf frühzeitige Kooperation setzen, vermeiden Konflikte und stärken die Akzeptanz neuer Technologien.
Konkrete Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
5 Schritte zur rechtssicheren KI-Nutzung im Unternehmen
- KI-Anwendungen identifizieren
- Risikobewertung & Datenschutzprüfung durchführen
- Betriebsrat rechtzeitig einbinden
- Mitarbeitende schulen & sensibilisieren
- Dokumentation & Compliance-Struktur aufbauen
Diese Schritte sollten jetzt geplant und sukzessive umgesetzt werden. Denn ab August 2025 wird KI-Nutzung zur rechtlichen Verantwortung.
Was passiert, wenn Unternehmen untätig bleiben?
Unternehmen, die nicht handeln, riskieren:
- Bußgelder bis zu 35 Mio. Euro oder 7 % Umsatz
- Rechtsstreitigkeiten durch fehlerhafte Entscheidungen
- Widerstand des Betriebsrats
- Vertrauensverlust bei Mitarbeitenden und in der Öffentlichkeit
Untätigkeit ist keine Option. Wer jetzt nicht vorbereitet ist, zahlt später doppelt.
Fazit: Jetzt aktiv werden – der August kommt schneller, als man denkt
Die EU-KI-Verordnung ist real – und ab August 2025 rechtsverbindlich. Wer jetzt beginnt, Prozesse zu prüfen, Beteiligte zu informieren und Strukturen aufzubauen, sichert nicht nur Compliance, sondern auch Zukunftsfähigkeit.
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um vom Reagieren ins Gestalten zu kommen.
Quellen:
- IHK Köln: Überblick über die wichtigsten Pflichten der EU-KI-Verordnung für Unternehmen und konkrete Handlungsfelder.
https://www.ihk.de/koeln/hauptnavigation/digitalisierung/digitalisierung2/ki-verordnung-6253208 - Kliemt Arbeitsrecht Blog: Zeitplan der EU-Verordnung und relevante Fristen für Arbeitgeber, strukturiert aufbereitet.
https://kliemt.blog/2024/07/31/eu-ki-verordnung-tritt-in-kraft-diese-termine-sollten-sie-beachten - Reed Smith: Analyse zu Transparenzpflichten, GPAI-Regelungen und Bußgeldrisiken im Rahmen der EU-KI-Verordnung.
https://viewpoints.reedsmith.com/post/102kdja/deadline-approaching-in-2-months-key-eu-ai-act-provisions-enter-into-force - AUB e.V.: Informationsportal für Beschäftigte mit Schwerpunkt auf Mitbestimmung und arbeitsrechtlichen Aspekten bei KI-Einsatz.
https://aub.de/ki-und-arbeitsrecht-das-sollten-arbeitnehmende-wissen - Bund-Verlag: Praxisnahe Erläuterung der Rolle des Betriebsrats bei der Einführung von KI am Arbeitsplatz.
https://www.bund-verlag.de/aktuelles\~gute-arbeit-2025-ki-vo-fuer-mitbestimmung-nutzen