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Mitbestimmung im Betrieb: Warum Künstliche Intelligenz (KI) immer noch ein Schattendasein führt

Künst­li­che Intel­li­genz (KI) hat in den letz­ten Jah­ren erheb­li­che Fort­schrit­te gemacht und fin­det in vie­len Berei­chen Anwen­dung. Trotz­dem führt die Mit­be­stim­mung durch KI im betrieb­li­chen Kon­text immer noch ein Schat­ten­da­sein. Mit­be­stim­mung, ver­stan­den als das Recht der Arbeit­neh­mer, bei Ent­schei­dun­gen im Unter­neh­men mit­zu­wir­ken, ist ein wich­ti­ger Bestand­teil der betrieb­li­chen Kul­tur. Doch die Inte­gra­ti­on von KI in die­sen Pro­zess gestal­tet sich als her­aus­for­dernd. Die­ser Arti­kel beleuch­tet die recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen, prak­ti­schen Her­aus­for­de­run­gen und die Not­wen­dig­keit, KI stär­ker in die betrieb­li­che Mit­be­stim­mung einzubeziehen.

Der rechtliche Rahmen der Mitbestimmung bei KI

Die gesetz­li­chen Grund­la­gen für die Mit­be­stim­mung durch Betriebs­rä­te sind im Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) ver­an­kert. § 87 BetrVG spielt hier­bei eine zen­tra­le Rol­le, da er die Mit­be­stim­mungs­rech­te der Betriebs­rä­te bei Fra­gen der Ord­nung des Betriebs und des Ver­hal­tens der Arbeit­neh­mer im Betrieb regelt. Dazu zäh­len ins­be­son­de­re auch Rege­lun­gen zur Ein­füh­rung und Anwen­dung tech­ni­scher Ein­rich­tun­gen, die dazu bestimmt sind, das Ver­hal­ten oder die Leis­tung der Arbeit­neh­mer zu überwachen.

Jedoch gibt es noch vie­le recht­li­che Unsi­cher­hei­ten im Zusam­men­hang mit KI. Die bestehen­de Gesetz­ge­bung bezieht sich meist auf tra­di­tio­nel­le Tech­no­lo­gien und ist nicht immer auf die kom­ple­xen und dyna­mi­schen Sys­te­me der Künst­li­chen Intel­li­genz anwend­bar. Betriebs­rä­te müs­sen daher oft auf Ein­zel­fall­ent­schei­dun­gen und juris­ti­sche Gut­ach­ten zurück­grei­fen, um ihre Mit­be­stim­mungs­rech­te durchzusetzen.

Ein wei­te­res Pro­blem ist die man­geln­de Aktua­li­tät der recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen. Wäh­rend die Tech­no­lo­gie sich schnell wei­ter­ent­wi­ckelt, hinkt die Gesetz­ge­bung oft hin­ter­her. Dies führt zu einer Kluft zwi­schen den tech­no­lo­gi­schen Mög­lich­kei­ten und den recht­li­chen Grund­la­gen, die Betriebs­rä­ten zur Ver­fü­gung stehen.

Herausforderungen in der Praxis

Die Ein­füh­rung von Künst­li­cher Intel­li­genz (KI) im Betrieb bringt zahl­rei­che prak­ti­sche Her­aus­for­de­run­gen mit sich. Eine der größ­ten Hür­den ist die recht­li­che Unsi­cher­heit. Wäh­rend das Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) bestimm­te Rege­lun­gen trifft, bleibt oft unklar, wie die­se kon­kret auf KI-Anwen­dun­gen anzu­wen­den sind. Bei­spiels­wei­se stellt sich die Fra­ge, ob der Ein­satz von Algo­rith­men zur Ent­schei­dungs­fin­dung als eine Betriebs­än­de­rung im Sin­ne von §111 BetrVG zu wer­ten ist, die eine Mit­be­stim­mung des Betriebs­rats erfor­dert. Die­se Unsi­cher­hei­ten füh­ren oft zu Kon­flik­ten zwi­schen Arbeit­ge­bern und Arbeitnehmervertretungen.

Ein wei­te­res Pro­blem ist die Kom­ple­xi­tät der KI-Sys­te­me. Betriebs­rä­te sehen sich häu­fig mit Tech­no­lo­gien kon­fron­tiert, deren Funk­ti­ons­wei­se sie nur schwer nach­voll­zie­hen kön­nen. Dies erschwert die Beur­tei­lung, ob und inwie­weit eine Mit­be­stim­mung erfor­der­lich ist. Betriebs­sys­te­me, die auf maschi­nel­lem Ler­nen basie­ren, ändern sich lau­fend durch neue Daten und erfor­dern somit eine kon­ti­nu­ier­li­che Über­wa­chung und Anpas­sung der Mitbestimmungsprozesse.

Hin­zu kommt, dass Betriebs­rä­te oft unzu­rei­chend in die Pla­nungs- und Ein­füh­rungs­pro­zes­se von KI ein­ge­bun­den wer­den. In vie­len Fäl­len erfah­ren sie erst spät von der Ein­füh­rung neu­er Tech­no­lo­gien, was ihre Mög­lich­kei­ten zur Ein­fluss­nah­me erheb­lich ein­schränkt. Zudem gibt es oft kei­ne kla­ren Rege­lun­gen und Ver­ein­ba­run­gen dar­über, wie die Ein­füh­rung und der Betrieb von KI-Sys­te­men über­wacht und kon­trol­liert wer­den sollen.

Ein wei­te­rer kri­ti­scher Punkt ist die Trans­pa­renz. KI-Sys­te­me ope­rie­ren häu­fig als soge­nann­te “Black Boxes”, deren Ent­schei­dungs­pro­zes­se nicht ohne Wei­te­res nach­voll­zieh­bar sind. Dies stellt Betriebs­rä­te vor die Her­aus­for­de­rung, die Aus­wir­kun­gen auf die Beleg­schaft zu bewer­ten, ohne die genau­en Mecha­nis­men zu ver­ste­hen. Trans­pa­renz­an­for­de­run­gen sind daher essen­zi­ell, um eine wirk­sa­me Mit­be­stim­mung zu ermöglichen.

Mangelnde Expertise und Weiterbildung

Ein zen­tra­ler Aspekt, der die effek­ti­ve Mit­be­stim­mung bei der Ein­füh­rung von KI erschwert, ist der Man­gel an tech­ni­schem Wis­sen. Betriebs­rä­te sind in der Regel nicht auf die spe­zi­fi­schen Anfor­de­run­gen und Funk­ti­ons­wei­sen von KI-Sys­te­men vor­be­rei­tet. Dies führt dazu, dass sie ihre Mit­be­stim­mungs­rech­te nur ein­ge­schränkt wahr­neh­men kön­nen, da ihnen das not­wen­di­ge Fach­wis­sen fehlt, um die Risi­ken und Chan­cen von KI-Anwen­dun­gen zu bewerten.

Die Wei­ter­bil­dungs­mög­lich­kei­ten für Betriebs­rä­te im Bereich der Künst­li­chen Intel­li­genz sind oft begrenzt. Es gibt zwar Schu­lun­gen und Semi­na­re, die jedoch häu­fig nicht aus­rei­chen, um die kom­ple­xen tech­ni­schen Details und recht­li­chen Impli­ka­tio­nen umfas­send zu ver­ste­hen. Eine kon­ti­nu­ier­li­che und sys­te­ma­ti­sche Wei­ter­bil­dung ist erfor­der­lich, um Betriebs­rä­te auf dem aktu­el­len Stand der Tech­nik zu hal­ten und ihnen die Werk­zeu­ge an die Hand zu geben, die sie für eine effek­ti­ve Mit­be­stim­mung benötigen.

Ein wei­te­res Pro­blem ist die feh­len­de Unter­stüt­zung durch exter­ne Exper­ten. Zwar haben Betriebs­rä­te das Recht, Sach­ver­stän­di­ge hin­zu­zu­zie­hen, um sich bei tech­ni­schen Fra­gen bera­ten zu las­sen, jedoch feh­len oft die finan­zi­el­len Mit­tel und die orga­ni­sa­to­ri­sche Unter­stüt­zung, um die­se Mög­lich­keit umfas­send zu nut­zen. Hier bedarf es kla­rer Rege­lun­gen und aus­rei­chen­der Res­sour­cen, um eine fun­dier­te Bera­tung sicherzustellen.

Um die Situa­ti­on zu ver­bes­sern, könn­ten stra­te­gi­sche Part­ner­schaf­ten mit Hoch­schu­len und For­schungs­ein­rich­tun­gen geför­dert wer­den. Die­se könn­ten Betriebs­rä­ten dabei hel­fen, tech­ni­sches Wis­sen auf­zu­bau­en und aktu­el­le Ent­wick­lun­gen in der KI-For­schung zu ver­ste­hen. Zudem soll­ten Spe­zia­lis­ten in den Betriebs­rat inte­griert wer­den, die über ent­spre­chen­des Know-how ver­fü­gen und als Bin­de­glied zwi­schen Beleg­schaft und Tech­no­lo­gie fun­gie­ren können.

Letzt­lich ist es uner­läss­lich, dass Betriebs­rä­te die not­wen­di­gen Res­sour­cen und Unter­stüt­zung erhal­ten, um sich wei­ter­zu­bil­den und exter­ne Exper­ti­se ein­zu­ho­len. Nur so kön­nen sie ihre Mit­be­stim­mungs­rech­te wirk­sam wahr­neh­men und die Inter­es­sen der Beschäf­tig­ten in einer zuneh­mend tech­no­lo­gi­sier­ten Arbeits­welt vertreten.

Fallbeispiele und aktuelle Entwicklungen

In der Pra­xis gibt es bereits eini­ge inter­es­san­te Fall­bei­spie­le, die zei­gen, wie Künst­li­che Intel­li­genz (KI) im Betrieb ein­ge­setzt und dabei die Mit­be­stim­mung berück­sich­tigt wird. Ein pro­mi­nen­tes Bei­spiel ist der Ein­satz von ChatGPT, einem KI-gesteu­er­ten Text­ge­ne­ra­tor, der in ver­schie­de­nen Unter­neh­men zur Unter­stüt­zung von Kun­den­ser­vice und inter­ner Kom­mu­ni­ka­ti­on genutzt wird. Hier stellt sich die Fra­ge, inwie­weit Betriebs­rä­te in die Ein­füh­rung und Nut­zung sol­cher Tech­no­lo­gien ein­ge­bun­den wer­den müssen.

Ein aktu­el­les Urteil des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) hat kürz­lich ent­schie­den, dass Betriebs­rä­te ein Mit­be­stim­mungs­recht haben, wenn es um den Ein­satz von KI im Betrieb geht. Das Urteil betont die Not­wen­dig­keit, dass Betriebs­rä­te früh­zei­tig in den Ent­schei­dungs­pro­zess ein­ge­bun­den wer­den, um sicher­zu­stel­len, dass Arbeit­neh­mer­inter­es­sen gewahrt bleiben.

Auch gesetz­li­che Ände­run­gen sind in jüngs­ter Zeit zu beob­ach­ten. So wird der­zeit auf EU-Ebe­ne eine Ver­ord­nung zur Regu­lie­rung von KI-Sys­te­men dis­ku­tiert, die unter ande­rem auch Vor­ga­ben zur Ein­bin­dung der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung ent­hält. Die­se Ent­wick­lun­gen zei­gen, dass das The­ma der Mit­be­stim­mung bei KI zuneh­mend an Bedeu­tung gewinnt.

Ein wei­te­res Bei­spiel ist die Ein­füh­rung von auto­ma­ti­sier­ten Per­so­nal­ver­wal­tungs­sys­te­men in eini­gen gro­ßen Unter­neh­men. Die­se Sys­te­me ana­ly­sie­ren Daten, um Ent­schei­dun­gen über Ein­stel­lun­gen, Beför­de­run­gen und Gehalts­ent­wick­lun­gen zu tref­fen. Auch hier ist die Ein­be­zie­hung des Betriebs­rats von gro­ßer Bedeu­tung, um sicher­zu­stel­len, dass die auto­ma­ti­sier­ten Ent­schei­dun­gen fair und trans­pa­rent sind.

Warum KI mehr Aufmerksamkeit verdient

Trotz der zuneh­men­den Bedeu­tung und der vie­len poten­zi­el­len Vor­tei­le fris­tet die Inte­gra­ti­on von KI in die betrieb­li­che Mit­be­stim­mung oft noch ein Schat­ten­da­sein. Dabei bie­tet KI zahl­rei­che Vor­tei­le, wie die Ver­bes­se­rung der Effi­zi­enz und die Unter­stüt­zung bei kom­ple­xen Ent­schei­dungs­pro­zes­sen. Durch den Ein­satz von KI kön­nen Betriebs­pro­zes­se opti­miert und die Pro­duk­ti­vi­tät gestei­gert werden.

Jedoch sind auch die Risi­ken nicht zu unter­schät­zen. Eine unkon­trol­lier­te Ein­füh­rung von KI-Sys­te­men kann zu Pro­ble­men wie dem Ver­lust von Arbeits­plät­zen, der Dis­kri­mi­nie­rung durch algo­rith­mi­sche Ent­schei­dun­gen und der Ver­let­zung von Daten­schutz­rech­ten füh­ren. Die­se Risi­ken machen es not­wen­dig, dass Betriebs­rä­te und Arbeit­neh­mer­ver­tre­tun­gen früh­zei­tig und umfas­send in den Pro­zess der KI-Inte­gra­ti­on ein­ge­bun­den werden.

Die Inte­gra­ti­on von KI ver­dient daher mehr Auf­merk­sam­keit, um sowohl die Chan­cen als auch die Her­aus­for­de­run­gen ange­mes­sen zu adres­sie­ren. Nur durch eine pro­ak­ti­ve und trans­pa­ren­te Ein­bin­dung der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung kann sicher­ge­stellt wer­den, dass die Inter­es­sen der Mit­ar­bei­ter gewahrt blei­ben und die Poten­zia­le der KI voll aus­ge­schöpft wer­den kön­nen. Betriebs­rä­te soll­ten daher nicht nur als Kon­troll­in­stanz betrach­tet wer­den, son­dern als akti­ve Gestal­ter des digi­ta­len Wan­dels im Unternehmen.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Ins­ge­samt zeigt die Betrach­tung der Mit­be­stim­mung im Betrieb durch Künst­li­che Intel­li­genz, dass der recht­li­che Rah­men zwar vor­han­den ist, jedoch vie­le prak­ti­sche Her­aus­for­de­run­gen und Unsi­cher­hei­ten bestehen. Betriebs­rä­te benö­ti­gen drin­gend mehr tech­ni­sches Wis­sen und kon­ti­nu­ier­li­che Wei­ter­bil­dung, um effek­tiv an der Gestal­tung von KI-Sys­te­men mit­wir­ken zu können.

Um die Mit­be­stim­mungs­rech­te im Kon­text von KI zu stär­ken, soll­ten fol­gen­de Maß­nah­men ergrif­fen werden:

  • Schu­lungs­pro­gram­me für Betriebs­rä­te: Regel­mä­ßi­ge und umfas­sen­de Wei­ter­bil­dun­gen im Bereich KI und digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on sind essentiell.
  • Recht­li­che Klar­stel­lun­gen: Es bedarf prä­zi­se­rer gesetz­li­cher Rege­lun­gen, die den Ein­satz von KI im Betrieb und die damit ver­bun­de­nen Mit­be­stim­mungs­rech­te ein­deu­tig festlegen.
  • För­de­rung der Zusam­men­ar­beit: Eine enge­re Koope­ra­ti­on zwi­schen Betriebs­rä­ten, IT-Exper­ten und der Unter­neh­mens­lei­tung kann hel­fen, die Kom­ple­xi­tä­ten bei der Ein­füh­rung von KI bes­ser zu bewältigen.
  • Trans­pa­renz und Kom­mu­ni­ka­ti­on: Offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on und Trans­pa­renz über die Zie­le und Funk­ti­ons­wei­sen von KI-Sys­te­men inner­halb des Unter­neh­mens för­dern das Ver­trau­en und die Akzep­tanz die­ser Technologien.

Indem die­se Emp­feh­lun­gen umge­setzt wer­den, kann die Inte­gra­ti­on von Künst­li­cher Intel­li­genz in die betrieb­li­che Mit­be­stim­mung nicht nur ver­bes­sert, son­dern auch die Akzep­tanz und Effek­ti­vi­tät die­ser Tech­no­lo­gien im Arbeits­all­tag gestei­gert werden.

Nach­hal­ti­ger Erfolg durch kon­ti­nu­ier­li­che Anpassung

Der Ein­satz von Künst­li­cher Intel­li­genz im Betrieb ist nicht nur eine tech­ni­sche, son­dern auch eine orga­ni­sa­to­ri­sche und kul­tu­rel­le Her­aus­for­de­rung. Ein nach­hal­ti­ger Erfolg erfor­dert eine kon­ti­nu­ier­li­che Anpas­sung und eine akti­ve Mit­ge­stal­tung aller Betei­lig­ten. Nur so kön­nen die Poten­zia­le von KI voll aus­ge­schöpft und gleich­zei­tig die Rech­te und Inter­es­sen der Arbeit­neh­mer gewahrt werden.