Kollege soll Chef und behinderten Menschen beleidigt haben
Der Discounter Lidl macht erneut wegen seines Umgangs mit Betriebsräten von sich Reden.
Die Geschäftsführung des Lidl-Logistikzentrums in Graben versucht derzeit einem Betriebsratsmitglied außerdentlich zu kündigen.
Hintergrund ist, dass der betreffende Kollege sowohl seinen Chef, als auch einen behinderten Mitarbeiter beschimpft haben soll.
Der betroffene Mitarbeiter hingegen bestreitet dies. Der Betriebsrat hat daraufhin die für die außerderdentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds erforderliche Zustimmung gemäß § 103 BetrVG verweigert.
Nachdem der Gütetermin am 28.11.2016 scheiterte, hat das Arbeitsgericht Augsburg nun zu prüfen, ob ein Kündigungsgrund vorliegt und deshalb die Zustimmung des Betriebsrats gerichtlich zu ersetzen ist.
Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Augsburg:
http://docs.dpaq.de/11569-augsburg_-_5_bv_70-16_presse.pdf
Ursprünglich war bereits für Ende März 2017 der Kammertermin vor dem Arbeitsgericht Augsburg angesetzt, der aber auf Bitten der Arbeitgeberseite verschoben wurde. Der Kammertermin findet nun am kommenden Donnerstag, den 13.04.2017 statt.
Verdi wirft Lidl Schikane vor
Die Gewerkschaft Verdi wirft der Supermarktkette Lidl vor, mit der beabsichtigten Kündigung des betroffenen Betriebsratskollegen die Belegschaft sowie die übrigen Mitglieder des Betriebsratsgremiums, das erst im vergangenen Jahr gegründet wurde, gezielt einschüchtern zu wollen.
Der ver.di-Bezirk Augsburg hat eine Postkartenaktion gestartet, um den Druck auf das Unternehmen zu erhöhen.
Pressemitteilung von Verdi
Der Streit um den speziellen Umgang mit Arbeitnehmern und Betriebsräten ist bei Lidl in der Tat nicht ganz neu:
Arbeitnehmer wurden überwacht
Schon im Jahr 2008 machte der Konzern wegen der Überwachung von Mitarbeitern negative Schlagzeilen:
Der Konzern setzte damals Privatdetektive ein, um das Verhalten der Mitarbeiter zu beobachten und auch Verhalten aus dem Bereich der Privatsphäre zu erforschen. Die Aufdeckung führte im Frühjahr 2008 schließlich zu einem Skandal.
siehe:
Stern-Artikel “Lidl gibt Bespitzelung zu” vom 25.03.2008
Lidl bekam daraufhin eine Gesamtstrafe in Höhe von insgesamt 1,462 Millionen Euro aufgebrummt.
siehe:
Stern-Artikel “Lidl muss Millionen-Strafe zahlen” vom 11.09.2008
Betriebsräte bei Lidl nicht gerne gesehen
Auch Betriebsräte scheinen bei Lidl nicht besonders gerne gesehen zu sein. So berichtetet Ulrike Schramm-de Robertis, die in den ersten Betriebsrat bei Lidl gewählt wurde, in ihrem im Jahr 2010 erschienen Buch warum der Großteil der etwa 50.000 Lidl-Mitarbeiter in den mehr als 3.000 Filialen in Deutschland keinen Betriebsrat wählt. Sie erzählt in dem Buch von ihrem jahrelangen Kampf gegen schlechte Arbeitsbedingungen beim mittlerweile größten Discounter-Konzern weltweit Sie schreibt von Ladenschließungen, Versetzungen, Einschüchterungsversuchen — lange vor dem Überwachungsskandal.
Artikel in der Zeitschrift Arbeitnehmer von Februar 2010
Aber auch aus anderen Quellen werden immer wieder Stimmen laut, dass
Auch seitens anderer Betriebsratsmitglieder wurden immer wieder Stimmen laut, der Druck während der Betriebsratswahl sei groß gewesen. Anders lässt es sich wohl auch kaum erklären, dass in den etwa 3.000 Filialen bis zum Jahr 2010 gerade mal sieben Betriebsräte gebildet wurden.
Hamburger Abendblatt — Artikel vom 19.06.2010 :Der zähe Kampf der Lidl-Betriebsräte ums Recht
Auch das nachstehende Youtube-Video von Verdi gibt einen Einblick, wie bei Lidl mit Betriebsratswahlen umgegangen wird.
https://www.youtube.com/watch?v=9cKK_EOLCio
Im Jahr 2015 berichtete der SWR schließlich, Mitarbeiter seien massiv unter Druck gesetzt worden, es herrsche eine “Kultur der Angst”.
Nach allem sind wir jedenfalls sehr gespannt, wie das Arbeitsgericht Augsburg am kommenden Dommerstag entscheiden wird und werden auf dieser Seite auch darüber berichten.
Glückauf aus Bochum
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