Rechtliche Aspekte und Grenzen der Mitarbeiterkontrolle

Die Über­wa­chung von Mit­ar­bei­tern in der Arbeits­welt, geprägt durch fort­schrei­ten­de Digi­ta­li­sie­rung, steht im Zen­trum kon­tro­ver­ser Debat­ten. Arbeit­ge­ber, bestrebt nach Effi­zi­enz­stei­ge­rung und Sicher­heit, sehen sich mit der Her­aus­for­de­rung kon­fron­tiert, die Per­sön­lich­keits­rech­te ihrer Ange­stell­ten zu respek­tie­ren. Recht­li­che Rah­men­be­din­gun­gen, dar­un­ter die Daten­schutz­grund­ver­ord­nung (DSGVO) und das natio­na­le Arbeits­recht, defi­nie­ren die Gren­zen und Vor­ga­ben für die Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung. Betriebs­rä­te müs­sen sich inten­siv mit die­sen kom­ple­xen Rege­lun­gen aus­ein­an­der­set­zen, um sowohl Mit­ar­bei­ter­inter­es­sen als auch unter­neh­me­ri­sche Com­pli­ance-Anfor­de­run­gen zu wah­ren. Die­ser Arti­kel schafft einen Über­blick über die recht­li­chen Aspek­te und Begren­zun­gen der Mit­ar­bei­ter­kon­trol­le und rich­tet sich an Betriebs­rä­te, die ihre Rol­le in die­sem sen­si­blen Feld effek­tiv gestal­ten möchten.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Grundlagen der Mitarbeiterkontrolle

Die recht­li­chen Grund­la­gen der Mit­ar­bei­ter­kon­trol­le sind viel­schich­tig und erfor­dern eine aus­ge­wo­ge­ne Abwä­gung zwi­schen den Inter­es­sen der Arbeit­ge­ber an der Über­wa­chung ihrer Beleg­schaft und den Per­sön­lich­keits­rech­ten der Arbeit­neh­mer. Im Zen­trum die­ser recht­li­chen Dis­kus­si­on ste­hen das Arbeits­recht, die Daten­schutz­grund­ver­ord­nung (DSGVO) sowie das Arbeit­neh­mer­da­ten­schutz­ge­setz, die gemein­sam einen Rah­men für die zuläs­si­ge Mit­ar­bei­ter­kon­trol­le bilden.

Datenschutz am Arbeitsplatz

Der Daten­schutz am Arbeits­platz wird maß­geb­lich durch die DSGVO gere­gelt, die seit Mai 2018 in allen EU-Mit­glied­staa­ten unmit­tel­bar gilt. Arti­kel 88 DSGVO erlaubt es den Mit­glied­staa­ten, spe­zi­fi­sche­re Rege­lun­gen für die Ver­ar­bei­tung von Arbeit­neh­mer­da­ten zu erlas­sen. Dies unter­streicht die Not­wen­dig­keit, die Pri­vat­sphä­re der Arbeit­neh­mer zu schüt­zen, wäh­rend gleich­zei­tig Raum für natio­na­le Beson­der­hei­ten gelas­sen wird. In Deutsch­land wird die­se Vor­ga­be durch das Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz (BDSG), ins­be­son­de­re durch § 26 BDSG, prä­zi­siert, der die Daten­ver­ar­bei­tung für Beschäf­ti­gungs­zwe­cke regelt.

Persönlichkeitsrechte und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Die Per­sön­lich­keits­rech­te der Arbeit­neh­mer sind im Grund­ge­setz ver­an­kert, ins­be­son­de­re durch das all­ge­mei­ne Per­sön­lich­keits­recht (Art. 2 Abs. 1 in Ver­bin­dung mit Art. 1 Abs. 1 GG) und das Recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat in sei­nem Volks­zäh­lungs­ur­teil von 1983 fest­ge­stellt, dass die­ses Recht es dem Ein­zel­nen ermög­licht, grund­sätz­lich selbst über die Preis­ga­be und Ver­wen­dung sei­ner per­sön­li­chen Daten zu bestimmen.

Arbeitsrecht und Datenschutz

Das Arbeits­recht setzt wei­te­re wich­ti­ge Akzen­te beim Daten­schutz am Arbeits­platz. Hier ist ins­be­son­de­re das Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) her­vor­zu­he­ben. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gibt dem Betriebs­rat ein Mit­be­stim­mungs­recht bei der Ein­füh­rung und Anwen­dung von tech­ni­schen Ein­rich­tun­gen, die dazu bestimmt sind, das Ver­hal­ten oder die Leis­tung der Arbeit­neh­mer zu über­wa­chen. Dies stellt sicher, dass Über­wa­chungs­tech­no­lo­gien, wie bei­spiels­wei­se Zeit- und Zugangs­kon­troll­sys­te­me oder Video­über­wa­chung, nicht ohne die Zustim­mung des Betriebs­rats imple­men­tiert wer­den können.

Arbeitnehmerdatenschutzgesetz

Obwohl es in Deutsch­land kein spe­zi­el­les Arbeit­neh­mer­da­ten­schutz­ge­setz gibt, fin­det der Schutz von Arbeit­neh­mer­da­ten durch die Anwen­dung des BDSG und der DSGVO, sowie durch spe­zi­fi­sche arbeits­recht­li­che Rege­lun­gen, statt. Der Schutz des Brief‑, Post- und Fern­mel­de­ge­heim­nis­ses wird eben­falls durch Arti­kel 10 GG gewähr­leis­tet und durch spe­zi­fi­sche Geset­ze wie das Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­setz (TKG) ergänzt, was die Über­wa­chung der elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on von Arbeit­neh­mern wei­ter einschränkt.

Methoden der Mitarbeiterüberwachung und deren Grenzen

Die Über­wa­chung von Mit­ar­bei­tern am Arbeits­platz hat durch tech­no­lo­gi­sche Fort­schrit­te viel­fäl­ti­ge For­men ange­nom­men. Die­se rei­chen von Video­über­wa­chung und GPS-Track­ing bis hin zur Über­wa­chung der Inter­net- und E‑Mail-Nut­zung. Jede die­ser Metho­den dient unter­schied­li­chen Zwe­cken, von der Sicher­stel­lung der Sicher­heit bis hin zur Über­wa­chung der Pro­duk­ti­vi­tät. Gleich­zei­tig set­zen die recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen deut­li­che Gren­zen für ihre Anwendung.

Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Die Video­über­wa­chung ist eine weit ver­brei­te­te Metho­de, die jedoch strik­ten gesetz­li­chen Rege­lun­gen unter­liegt. Ent­schei­dend ist hier­bei das Urteil des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) vom 19.02.2015 (Az. 8 AZR 1007/13), wel­ches klar­stellt, dass eine per­ma­nen­te Über­wa­chung ohne kon­kre­ten Anlass unzu­läs­sig ist. Die Video­über­wa­chung muss ver­hält­nis­mä­ßig sein und darf nur in Berei­chen erfol­gen, in denen kei­ne schutz­wür­di­gen Inter­es­sen der Mit­ar­bei­ter entgegenstehen.

GPS-Tracking von Mitarbeitern

Das GPS-Track­ing von Fahr­zeu­gen wird oft zur Rou­ten­op­ti­mie­rung und Über­wa­chung der Ein­satz­zei­ten ver­wen­det. Das BAG hat jedoch in sei­nem Urteil vom 19.02.2015 (Az. 8 AZR 1007/13) betont, dass eine lücken­lo­se Über­wa­chung der Mit­ar­bei­ter ohne deren Wis­sen und ohne berech­tig­tes Inter­es­se des Arbeit­ge­bers nicht zuläs­sig ist. Die Über­wa­chung muss für die Erfül­lung der Arbeits­auf­ga­be not­wen­dig und ver­hält­nis­mä­ßig sein.

Internet- und E‑Mail-Überwachung

Die Über­wa­chung der Inter­net- und E‑Mail-Nut­zung ist beson­ders sen­si­bel, da sie das Risi­ko birgt, in die Pri­vat­sphä­re der Mit­ar­bei­ter ein­zu­drin­gen. Grund­sätz­lich ist eine sol­che Über­wa­chung nur zuläs­sig, wenn der Arbeit­ge­ber die pri­va­te Nut­zung von Betriebs­mit­teln expli­zit unter­sagt hat. Ein Urteil des BAG vom 27.07.2017 (Az. 2 AZR 681/16) ver­deut­licht, dass selbst bei einem Ver­bot der Pri­vat­nut­zung eine Kon­trol­le nur unter strik­ten Vor­aus­set­zun­gen erfol­gen darf.

Telekommunikationsüberwachung

Die Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­über­wa­chung, ein­schließ­lich der Über­wa­chung von Tele­fo­na­ten, ist stark ein­ge­schränkt. Gemäß § 88 Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­setz (TKG) ist die Ver­trau­lich­keit des Wor­tes zu wah­ren. Eine Über­wa­chung oder Auf­zeich­nung von Tele­fon­ge­sprä­chen ist daher ohne aus­drück­li­che Zustim­mung der betei­lig­ten Per­so­nen in der Regel unzulässig.

Rechtliche Grenzen und Einwilligung der Mitarbeiter

In all die­sen Fäl­len ist die Ein­wil­li­gung der Mit­ar­bei­ter ein zen­tra­ler Aspekt. Eine wirk­sa­me Ein­wil­li­gung setzt eine frei­wil­li­ge Ent­schei­dung der betrof­fe­nen Per­son vor­aus, die auf einer umfas­sen­den Infor­ma­ti­on über Zweck und Umfang der Daten­ver­ar­bei­tung beruht. Ohne eine sol­che Ein­wil­li­gung ist die Über­wa­chung nur in sehr engen Gren­zen und unter stren­gen Vor­aus­set­zun­gen zulässig.

Die Rolle des Betriebsrats bei der Mitarbeiterkontrolle

Der Betriebs­rat spielt eine zen­tra­le Rol­le bei der Gestal­tung der Mit­ar­bei­ter­kon­trol­le im Unter­neh­men. Sei­ne Auf­ga­ben und Rech­te sind dabei viel­schich­tig und zie­len dar­auf ab, die Inter­es­sen der Mit­ar­bei­ter zu wah­ren und für eine fai­re sowie trans­pa­ren­te Anwen­dung von Über­wa­chungs­maß­nah­men zu sorgen.

Mitbestimmungsrechte bei Überwachungsmaßnahmen

Das Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) räumt dem Betriebs­rat umfas­sen­de Mit­be­stim­mungs­rech­te ein, beson­ders in Bezug auf die Ein­füh­rung und Anwen­dung von tech­ni­schen Über­wa­chungs­ein­rich­tun­gen nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die­se Vor­schrift zielt dar­auf ab, das Per­sön­lich­keits­recht der Arbeit­neh­mer zu schüt­zen, indem sie sicher­stellt, dass Über­wa­chungs­maß­nah­men, die das Ver­hal­ten oder die Leis­tung der Arbeit­neh­mer erfas­sen könn­ten, trans­pa­rent gehand­habt wer­den und der Betriebs­rat bei deren Ein­füh­rung und Nut­zung ein Mit­spra­che­recht hat​​​.

Unter tech­ni­sche Ein­rich­tun­gen fal­len dabei alle Vor­rich­tun­gen, die arbeit­neh­mer­be­zo­ge­ne Daten auto­ma­ti­siert spei­chern, ver­än­dern, über­mit­teln oder löschen kön­nen. Dazu zäh­len nicht nur offen­sicht­li­che Über­wa­chungs­in­stru­men­te wie Video­ka­me­ras oder GPS-Tra­cker, son­dern auch Soft­ware­an­wen­dun­gen und gän­gi­ge Büro­tech­nik wie PCs und Smart­phones, sofern sie zur Daten­spei­che­rung genutzt wer­den können​. Nicht­tech­ni­sche Über­wa­chungs­for­men, wie manu­ell geführ­te Anwe­sen­heits­lis­ten oder die Beob­ach­tung durch Vor­ge­setz­te, fal­len nicht unter das Mitbestimmungsrecht​.

Wich­tig ist, dass bereits die Eig­nung einer tech­ni­schen Ein­rich­tung zur Über­wa­chung für die Mit­be­stim­mungs­pflicht aus­reicht, unab­hän­gig davon, ob der Arbeit­ge­ber eine sol­che Über­wa­chung tat­säch­lich beab­sich­tigt. Der Schutz des BetrVG greift also schon dann, wenn durch den Ein­satz der Tech­no­lo­gie Rück­schlüs­se auf das Ver­hal­ten oder die Leis­tung der Arbeit­neh­mer gezo­gen wer­den könnten​.

In der Pra­xis bedeu­tet dies, dass der Betriebs­rat bei der Ein­füh­rung jeder neu­en Tech­no­lo­gie, die poten­zi­ell Daten der Arbeit­neh­mer erfas­sen kann, nicht nur infor­miert wer­den muss, son­dern sei­ne Zustim­mung geben muss. Die­se Mit­be­stim­mung bezieht sich sowohl auf die Fra­ge, ob eine sol­che Tech­no­lo­gie über­haupt ein­ge­setzt wer­den darf (Ein­füh­rung), als auch dar­auf, wie sie genutzt wird (Anwen­dung). Bei der Anwen­dung geht es bei­spiels­wei­se um Rege­lun­gen, wel­che Daten gespei­chert wer­den dür­fen, wer auf die­se Daten Zugriff hat und ob und wie die­se Daten aus­ge­wer­tet wer­den dürfen​.

Soll­te der Arbeit­ge­ber ohne die Zustim­mung des Betriebs­rats eine Über­wa­chungs­ein­rich­tung ein­füh­ren, hat der Betriebs­rat das Recht, deren Nut­zung zu unter­bin­den und kann dies not­falls auch gericht­lich durchsetzen​.

Einwilligung der Mitarbeiter und Datenschutz

Der Betriebs­rat spielt eine zen­tra­le Rol­le beim Schutz der per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten der Mit­ar­bei­ter. Dies ergibt sich aus dem Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG), wel­ches dem Betriebs­rat umfas­sen­de Mit­wir­kungs­rech­te beim Daten­schutz ein­räumt. Ins­be­son­de­re bei der Über­wa­chung des Arbeit­neh­mer­ver­hal­tens durch tech­ni­sche Ein­rich­tun­gen hat der Betriebs­rat ein Mit­be­stim­mungs­recht, gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die­ses Recht besteht bereits, wenn eine tech­ni­sche Ein­rich­tung objek­tiv geeig­net ist, das Arbeit­neh­mer­ver­hal­ten zu über­wa­chen, unab­hän­gig von der Absicht des Arbeitgebers​.

Die Ein­wil­li­gung der Mit­ar­bei­ter in Daten­ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge muss frei­wil­lig erfol­gen. In vie­len Fäl­len, beson­ders bei der Ein­füh­rung von neu­en Soft­ware-Sys­te­men oder Auto­ma­ti­sie­rung bestimm­ter Arbeits­gän­ge, wel­che Daten der Mit­ar­bei­ter erfas­sen und ver­ar­bei­ten, ist die Zustim­mung der Beschäf­tig­ten erfor­der­lich. Ohne die­se Ein­wil­li­gung und ohne die Zustim­mung des Betriebs­rats kön­nen sol­che Maß­nah­men nicht umge­setzt wer­den. Dies unter­streicht die Wich­tig­keit des Mit­be­stim­mungs­rechts des Betriebs­rats bei der Ein­füh­rung von Sys­te­men, die poten­zi­ell zur Über­wa­chung der Mit­ar­bei­ter ein­ge­setzt wer­den könnten​.

Um den Daten­schutz und die Per­sön­lich­keits­rech­te der Mit­ar­bei­ter zu stär­ken, kann der Betriebs­rat auf den Abschluss von Betriebs­ver­ein­ba­run­gen drän­gen, die die Nut­zung tech­ni­scher Ein­rich­tun­gen detail­liert regeln. Neben dem gesetz­li­chen Erlaub­nis­tat­be­stand gemäß § 26 Abs. 1 BDSG kann eine sol­che Betriebs­ver­ein­ba­rung als Rechts­grund­la­ge für die Daten­ver­ar­bei­tung die­nen und sogar für nicht unbe­dingt erfor­der­li­che Daten­ver­ar­bei­tun­gen her­an­ge­zo­gen wer­den, solan­ge sie dem Bestimmt­heits- und Trans­pa­renz­ge­bot ent­spre­chen und den Ver­wen­dungs­zweck der Daten prä­zi­se festlegen​.

Des Wei­te­ren muss der Betriebs­rat selbst für eine daten­schutz­kon­for­me Ver­ar­bei­tung in sei­nem Betriebs­rats­bü­ro sor­gen, ins­be­son­de­re den Grund­satz der Daten­mi­ni­mie­rung beach­ten. Bei der Wei­ter­ga­be von Beschäf­tig­ten­da­ten im Rah­men sei­ner Mit­be­stim­mungs­rech­te soll­te stets geprüft wer­den, ob nicht anony­mi­sier­te Daten aus­rei­chend wären, um die Effek­ti­vi­tät der Über­wa­chungs­auf­ga­be zu gewährleisten​.

Ins­ge­samt zeigt sich, dass der Betriebs­rat eine ent­schei­den­de Rol­le beim Daten­schutz im Betrieb spielt, indem er nicht nur die Ein­hal­tung der Daten­schutz­ge­set­ze über­wacht, son­dern auch aktiv an der Gestal­tung daten­schutz­kon­for­mer Arbeits­pro­zes­se mitwirkt.

Compliance und Überwachung

Der Betriebs­rat spielt eine zen­tra­le Rol­le bei der För­de­rung von Com­pli­ance und der Über­wa­chung inner­halb des Unter­neh­mens. Gemäß § 87 BetrVG hat der Betriebs­rat ein umfas­sen­des Mit­be­stim­mungs­recht bei der Ein­füh­rung von Sys­te­men und Maß­nah­men, die das Ver­hal­ten der Arbeit­neh­mer im Betrieb betref­fen. Dies schließt auch die sys­te­ma­ti­sche Daten­er­fas­sung ein, wie sie typi­scher­wei­se bei der Ein­füh­rung von tech­ni­schen Über­wa­chungs­sys­te­men statt­fin­det. Sol­che Sys­te­me kön­nen als Mit­tel zur Ver­hal­tens- und Leis­tungs­kon­trol­le inter­pre­tiert wer­den, wobei bereits die objek­ti­ve Eig­nung einer tech­ni­schen Ein­rich­tung zur Über­wa­chung aus­reicht, um das Mit­be­stim­mungs­recht zu aktivieren​.

Bezüg­lich der Über­wa­chungs­maß­nah­men trägt der Betriebs­rat dazu bei, dass die­se den gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen ent­spre­chen. Schu­lun­gen und Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tun­gen kön­nen vom Betriebs­rat initi­iert wer­den, um ein Bewusst­sein für die Rech­te und Pflich­ten in Bezug auf Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung zu schaf­fen. Die Rol­le des Betriebs­rats bei der Aus­wahl des Per­so­nals für die Über­wa­chung ist eben­falls von Bedeu­tung, da nach § 99 BetrVG die Mit­wir­kung des Betriebs­rats bei per­so­nel­len Ein­zel­maß­nah­men, wie der Ein­stel­lung oder Ver­set­zung von Mit­ar­bei­ten­den, die für die Über­wa­chung ver­ant­wort­lich sind, erfor­der­lich ist​.

Web­ba­sier­te Sys­te­me sind heut­zu­ta­ge Stan­dard für die Durch­füh­rung von Com­pli­ance-Über­wa­chungs­maß­nah­men. Sie bie­ten ver­schlüs­sel­te Daten­über­tra­gung und stan­dar­di­sier­te Ein­ga­be­mas­ken, was die Effi­zi­enz und Sicher­heit der Daten­er­fas­sung erhöht. Die Mög­lich­keit für Mit­ar­bei­ter, Mel­dun­gen anonym abzu­ge­ben, hat sich als effek­tiv erwie­sen, da ein Groß­teil die­ser Hin­wei­se seri­ös ist und zur Auf­de­ckung und Prä­ven­ti­on von Fehl­ver­hal­ten beiträgt​.

In der Imple­men­tie­rungs­pha­se eines sol­chen Sys­tems ist eine effek­ti­ve Kom­mu­ni­ka­ti­on ent­schei­dend, um das Ver­trau­en der Mit­ar­bei­ten­den zu stär­ken und den poten­zi­el­len Miss­brauch des Sys­tems zu mini­mie­ren. Der Betriebs­rat kann dabei eine wich­ti­ge Rol­le spie­len, indem er auf trans­pa­ren­te Pro­zes­se drängt und die Ein­hal­tung von Daten­schutz­stan­dards sicherstellt​.

Durch die­se Akti­vi­tä­ten trägt der Betriebs­rat maß­geb­lich zur Com­pli­ance und zum Schutz der Mit­ar­bei­ten­den bei, indem er sicher­stellt, dass Über­wa­chungs­maß­nah­men nicht nur den gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen ent­spre­chen, son­dern auch die Per­sön­lich­keits­rech­te der Mit­ar­bei­ten­den gewahrt bleiben.

Whistleblowing-Systeme

Die Ein­füh­rung von Whist­le­b­lo­wing-Sys­te­men in Unter­neh­men erfor­dert eine sorg­fäl­ti­ge Pla­nung und Abstim­mung mit ver­schie­de­nen betrieb­li­chen Stel­len, ins­be­son­de­re dem Betriebs­rat. Das Mit­be­stim­mungs­recht des Betriebs­rats greift auch bei der Aus­la­ge­rung von Mel­de­stel­len an exter­ne Dienst­leis­ter, um sicher­zu­stel­len, dass das Ord­nungs­ver­hal­ten der Beschäf­tig­ten im Unter­neh­men nicht beein­träch­tigt wird. Beson­ders bei der Nut­zung von tech­ni­schen Ein­rich­tun­gen, die poten­zi­ell zur Über­wa­chung von Leis­tung und Ver­hal­ten der Mitarbeiter*innen die­nen kön­nen, ist eine enge Abstim­mung mit dem Betriebs­rat uner­läss­lich. Die Imple­men­tie­rung digi­ta­ler Whist­le­b­lo­wing-Sys­te­me wird dadurch zu einer mit­be­stim­mungs­pflich­ti­gen Ange­le­gen­heit, die Anpas­sun­gen in bestehen­den Betriebs­ver­ein­ba­run­gen oder spe­zi­fi­sche Ver­ein­ba­run­gen zur Leis­tungs- und Ver­hal­tens­kon­trol­le erfordert​.

Die per­so­nel­le Beset­zung der inter­nen Mel­de­stel­le unter­liegt eben­falls den Betei­li­gungs­rech­ten des Betriebs­rats, was sowohl für die Zuwei­sung von Auf­ga­ben an bestehen­de Mitarbeiter*innen als auch für Neu­ein­stel­lun­gen gilt. Hier­bei besteht ein Zustim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht des Betriebs­rats, ins­be­son­de­re wenn es um die Betreu­ung der Mel­de­stel­le geht. Die Über­tra­gung die­ser Auf­ga­ben kann als mit­be­stim­mungs­pflich­ti­ge Ver­set­zung ange­se­hen wer­den, falls damit eine erheb­li­che Ände­rung der Arbeits­be­din­gun­gen ver­bun­den ist​.

Auf euro­päi­scher Ebe­ne zielt die EU-Whist­le­b­lower-Richt­li­nie dar­auf ab, einen ein­heit­li­chen Schutz für Per­so­nen zu schaf­fen, die Ver­stö­ße gegen das Uni­ons­recht mel­den. Obwohl die Umset­zung in deut­sches Recht noch aus­steht, soll­ten Unter­neh­men bereits jetzt Sys­te­me eta­blie­ren, um ille­ga­les und unethi­sches Ver­hal­ten auf­zu­de­cken. Dies gilt ins­be­son­de­re für Unter­neh­men ab 50 Mit­ar­bei­tern und beinhal­tet auch die Öff­nung des Sys­tems für exter­ne Per­so­nen wie Zulie­fe­rer und Geschäfts­part­ner. Eine sol­che Öff­nung ermög­licht eine umfas­sen­de Kon­trol­le der gesam­ten Lie­fer­ket­te und hilft, poten­zi­el­le Risi­ken früh­zei­tig zu iden­ti­fi­zie­ren. Für die wirk­sa­me Imple­men­tie­rung sind neben dem Betriebs­rat auch der Daten­schutz­be­auf­trag­te, die Per­so­nal­ab­tei­lung und die IT-Abtei­lung ein­zu­be­zie­hen, um die hohen Anfor­de­run­gen an den Daten­schutz zu erfüllen​.

Ethik und Grenzen der Mitarbeiterüberwachung

Die Ethik der Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung berührt fun­da­men­ta­le Fra­gen des Respekts und der Wür­de am Arbeits­platz. Wäh­rend Arbeit­ge­ber ein legi­ti­mes Inter­es­se an der Über­wa­chung zur Sicher­stel­lung der Pro­duk­ti­vi­tät und des Schut­zes unter­neh­mens­in­ter­ner Daten haben, müs­sen die Gren­zen der Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung stets gewahrt blei­ben. Das Recht auf Pri­vat­sphä­re und das Recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung sind zen­tra­le Pfei­ler, die in die­sem Zusam­men­hang nicht außer Acht gelas­sen wer­den dürfen.

Grenzen der Mitarbeiterüberwachung

Die Gren­zen der Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung sind nicht nur recht­lich durch Geset­ze wie die Daten­schutz­grund­ver­ord­nung (DSGVO) und das Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz (BDSG) defi­niert, son­dern auch durch ethi­sche Über­le­gun­gen. Eine Über­wa­chung, die in die Pri­vat­sphä­re der Mit­ar­bei­ter ein­dringt oder sie einer stän­di­gen Kon­trol­le aus­setzt, kann schnell als Ver­let­zung ihrer per­sön­li­chen Frei­heit und Wür­de emp­fun­den wer­den. Dar­über hin­aus betont das Fern­mel­de­ge­heim­nis, geschützt durch das Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­setz (TKG), die Ver­trau­lich­keit der Kom­mu­ni­ka­ti­on, die auch am Arbeits­platz respek­tiert wer­den muss.

Ethik und Vertrauen

Eine ethisch fun­dier­te Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung basiert auf Trans­pa­renz, Ver­trau­en und dem Prin­zip der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit. Arbeit­ge­ber soll­ten stets trans­pa­rent machen, wel­che Über­wa­chungs­maß­nah­men ein­ge­führt wer­den, zu wel­chem Zweck sie die­nen und wie die gesam­mel­ten Daten geschützt und ver­wen­det wer­den. Eine sol­che offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on för­dert das Ver­trau­en und stellt sicher, dass Mit­ar­bei­ter sich ihrer Rech­te bewusst sind und sich nicht unge­recht­fer­tigt über­wacht fühlen.