Keine Abmahnung wegen fehlender Corona-Impfung: Ein wegweisendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts

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Das Thema Impfpflicht und deren Durchsetzung in Arbeitsverhältnissen hat während der Corona-Pandemie viele Diskussionen ausgelöst. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) setzt nun einen bedeutenden rechtlichen Rahmen: Die Weigerung, sich gegen das Corona-Virus impfen zu lassen, darf nicht zu einer Abmahnung führen. Dies entschied das BAG am 19. Juni 2024 (Az. 5 AZR 192/23 und 5 AZR 167/23). Welche Auswirkungen hat dieses Urteil auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer und was sind die wichtigsten Punkte?

Hintergrund des Urteils

Das Urteil bezieht sich auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die insbesondere für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen galt. Seit März 2022 waren diese verpflichtet, einen Impfnachweis vorzulegen oder durften nicht arbeiten. Im vorliegenden Fall hatte sich eine Pflegekraft geweigert, sich impfen zu lassen, woraufhin der Arbeitgeber sie unbezahlt freistellte und abmahnte.

Die Kernaussagen des Urteils

Höchstrichterliche Entscheidung: Das BAG hat klargestellt, dass die Entscheidung eines Arbeitnehmers, sich nicht impfen zu lassen, in den Bereich der höchstpersönlichen Rechte fällt. Diese Entscheidung ist durch das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützt.

Keine Abmahnung: Eine Abmahnung aufgrund der Verweigerung der Impfung ist nicht rechtens. Die Abmahnung soll den Arbeitnehmer auf eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten hinweisen und ihm die Konsequenzen weiterer Pflichtverletzungen aufzeigen. Da die Verweigerung der Impfung keine solche Pflichtverletzung darstellt, muss der Arbeitgeber die Abmahnung aus der Personalakte entfernen.

Freistellung ist zulässig: Die Freistellung des Arbeitnehmers ohne Vergütung ist jedoch rechtmäßig. Der Arbeitgeber ist im Rahmen seines Weisungsrechts berechtigt, ungeimpfte Mitarbeiter von der Arbeit freizustellen, wenn kein Impfnachweis vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer während der Freistellung erkrankt und keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhält.

Bedeutung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Für Arbeitnehmer bedeutet dieses Urteil, dass sie sich auf ihre Grundrechte berufen können und nicht befürchten müssen, aufgrund einer Impfverweigerung abgemahnt zu werden. Arbeitgeber müssen hingegen darauf achten, dass sie ihre Maßnahmen im Rahmen des Weisungsrechts korrekt umsetzen und keine Abmahnungen aussprechen, die rechtlich nicht haltbar sind.

Praktische Auswirkungen und Empfehlungen

Arbeitgeber sollten ihre internen Richtlinien überprüfen und sicherstellen, dass keine rechtswidrigen Abmahnungen ausgesprochen werden.

Arbeitnehmer sollten sich ihrer Rechte bewusst sein und bei unrechtmäßigen Maßnahmen des Arbeitgebers rechtlichen Rat einholen.

In Fällen der Freistellung ohne Vergütung sollten beide Parteien klare Absprachen treffen, um Missverständnisse und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Fazit

Das Urteil des BAG setzt einen wichtigen rechtlichen Rahmen und stärkt die Rechte der Arbeitnehmer im Kontext der Corona-Impfung. Gleichzeitig gibt es Arbeitgebern eine klare Linie vor, wie mit Impfverweigerern umzugehen ist, ohne gegen geltendes Recht zu verstoßen. Diese Entscheidung wird sicherlich auch in zukünftigen arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen eine wichtige Rolle spielen.

Quellen: