Die rasant fortschreitende Entwicklung und Verbreitung generativer KI-Systeme wie ChatGPT, Midjourney und Co. revolutioniert viele Arbeitsbereiche und kreative Prozesse. Während die Potenziale enorm sind, werfen ihre Nutzung auch zahlreiche rechtliche und ethische Fragen auf. Anwender sehen sich mit einer Vielzahl von Pflichten konfrontiert, die oft unklar erscheinen. Dieser Artikel beleuchtet die wesentlichen Sorgfalts‑, Urheberrechts- und Datenschutzpflichten, denen Nutzer generativer KI nachkommen müssen, um rechtliche Risiken zu minimieren. Im Fokus stehen die Herausforderungen bei der praktischen Anwendung und die Klärung von Haftungsfragen im Kontext der aktuellen und zukünftigen rechtlichen Rahmenbedingungen.
Rechtlicher Rahmen für die Nutzung generativer KI
Die Nutzung generativer KI in Deutschland und Europa unterliegt einem sich entwickelnden rechtlichen Rahmen. Die KI-Verordnung (AI Act) der Europäischen Union spielt hierbei eine zentrale Rolle. Sie klassifiziert KI-Systeme nach Risikostufen und legt für Anbieter und teilweise auch Nutzer Pflichten fest, insbesondere bei Hochrisiko-KI-Systemen. Darüber hinaus sind bestehende Gesetze relevant. Das Urheberrecht regelt Fragen der Schöpfungshöhe von KI-generierten Inhalten und der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke zum Trainieren von KI. Die DS-GVO (Datenschutz-Grundverordnung) kommt zur Anwendung, sobald personenbezogene Daten verarbeitet werden, sei es bei der Eingabe von Prompts oder im KI-Output. Die Einhaltung dieser Rechtsgrundlagen ist entscheidend, um Konformität sicherzustellen.
Weiterführende Quellen:
- Rechtsfragen beim Einsatz von generativer KI in gemeinnützigen Organisationen (der-paritaetische.de)
- Künstliche Intelligenz – neue Regelungen der KI-Verordnung (ihk.de)
Konkrete Pflichten des Nutzers: Sorgfalt und Prüfung
Nutzer generativer KI tragen eine aktive Verantwortlichkeit für die von ihnen verwendeten Systeme und die generierten Inhalte (KI-Output). Eine zentrale Pflicht ist die Sorgfaltspflicht. Das bedeutet, dass Nutzer den Output der KI nicht blind übernehmen dürfen, sondern diesen kritisch prüfen müssen. Diese Prüfungspflicht erstreckt sich insbesondere auf die Richtigkeit der gelieferten Informationen, die Plausibilität von Aussagen oder kreativen Ergebnissen sowie auf mögliche Rechtsverletzungen. Hat die KI beispielsweise Texte generiert, muss der Nutzer prüfen, ob diese gegen das Urheberrecht verstoßen (z. B. durch Plagiate) oder falsche, gar rufschädigende Informationen enthalten. Bei Bildern oder Musik ist ebenfalls eine Prüfung auf potenzielle Urheberrechtsverletzungen unerlässlich. Die Verifikation der Fakten ist besonders wichtig, wenn der KI-Output in beruflichen oder geschäftlichen Kontexten verwendet wird, wo Fehler weitreichende Folgen haben können. Die Art und Weise der erforderlichen Sorgfalt hängt dabei stark vom Anwendungsbereich und dem potenziellen Schadensrisiko ab. Ein einfacher Entwurf für eine E‑Mail erfordert weniger Prüfung als ein rechtlicher Text oder eine technische Anleitung.
Weiterführende Quelle:
- ChatGPT – Teil 13: Verantwortung und Sorgfaltspflichten (web-partner.de)
Urheberrechtliche Pflichten bei der Nutzung
Die Nutzung generativer KI wirft komplexe urheberrechtliche Fragen auf, die für Anwender von zentraler Bedeutung sind. Eine Hauptfrage betrifft die Nutzung von KI-generierten Inhalten: Dürfen die von einem KI-Modell erzeugten Texte, Bilder, Musikstücke oder Codes frei verwendet werden? Grundsätzlich gilt in Deutschland und Europa, dass nur menschliche Schöpfungen urheberrechtlichen Schutz genießen. Da die KI selbst keine Rechtspersönlichkeit besitzt, können die generierten Ergebnisse in den meisten Fällen nicht das Urheberrecht der KI begründen. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die Inhalte frei nutzbar sind. Die Nutzungsbedingungen des jeweiligen KI-Anbieters sind hier entscheidend. Viele Anbieter beanspruchen entweder das Urheberrecht an den Outputs für sich, gewähren dem Nutzer umfassende Nutzungsrechte oder behandeln die Outputs als gemeinfrei. Nutzer müssen daher unbedingt die Lizenzbedingungen des spezifischen KI-Tools prüfen, bevor sie generierte Inhalte kommerziell oder öffentlich verwenden.
Ein weiteres Risiko liegt im Training von KI-Modellen mit urheberrechtlich geschützten Inhalten. Auch wenn dies primär die Entwickler betrifft, können Nutzer in die Pflicht genommen werden, wenn sie die KI bewusst mit geschütztem Material füttern, um spezifische Ergebnisse zu erzielen, die eine unzulässige Vervielfältigung darstellen könnten. Die rechtliche Einordnung des sogenannten „Text and Data Mining“ durch KI ist noch nicht abschließend geklärt, wird aber durch neue Regelungen im Urheberrechtsgesetz (z.B. § 44b UrhG) für wissenschaftliche Zwecke und potenziell durch die KI-Verordnung beeinflusst.
Schließlich stellt sich die Frage nach potenziellen Kennzeichnungspflichten. Auch wenn es derzeit noch keine allgemeine gesetzliche Pflicht zur Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten gibt, können vertragliche Vereinbarungen, ethische Grundsätze oder zukünftige gesetzliche Anforderungen (insbesondere durch die KI-Verordnung) eine solche Kennzeichnung notwendig machen, um Transparenz zu gewährleisten und Verwechslungen mit menschlichen Werken zu vermeiden. Die Verwendung von KI-generierten Inhalten ohne entsprechende Prüfung auf Originalität kann zudem leicht zu Plagiaten führen, wenn die KI unbeabsichtigt existierende Werke reproduziert. Eine sorgfältige Prüfung und ggf. Quellenangabe ist daher ratsam.
Datenschutzrechtliche Pflichten bei der Nutzung
Die Nutzung generativer KI-Systeme, insbesondere wenn sie textbasiert sind wie Chatbots, bringt spezifische datenschutzrechtliche Herausforderungen mit sich, da die Verarbeitung von personenbezogenen Daten nicht ausgeschlossen werden kann. Gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) unterliegen Nutzer, die solche Systeme im beruflichen Kontext oder in einer Weise nutzen, die über rein persönliche oder familiäre Zwecke hinausgeht, potenziell der Verantwortlichkeit als Datenverarbeiter oder sogar als Verantwortlicher im Sinne der DS-GVO.
Die größte Herausforderung für Nutzer liegt in der Eingabe von Informationen in das System, den sogenannten Prompts. Werden in den Prompts personenbezogenen Daten eingegeben – sei es bewusst oder unbewusst –, erfolgt eine Verarbeitung dieser Daten durch das KI-Modell. Dies kann beispielsweise geschehen, wenn Nutzer E‑Mails zusammenfassen lassen, die Namen von Personen enthalten, oder wenn sie interne Dokumente mit personenbezogenen Daten hochladen, um Analysen durchzuführen. In solchen Fällen müssen Nutzer sicherstellen, dass eine Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung gemäß Art. 6 DS-GVO vorliegt (z.B. Einwilligung, Vertragserfüllung, berechtigtes Interesse).
Zusätzlich besteht das Risiko, dass die KI im Output personenbezogenen Daten generiert, auch wenn diese nicht explizit eingegeben wurden, etwa wenn das Modell auf Trainingsdaten basiert, die personenbezogene Daten enthielten, oder wenn es Rückschlüsse auf Personen zieht. Nutzer, die solche Outputs verwenden, müssen prüfen, ob es sich um personenbezogene Daten handelt und ob die weitere Nutzung mit den Grundsätzen der DS-GVO vereinbar ist, insbesondere hinsichtlich Zweckbindung, Datenminimierung und Transparenz. Es ist ratsam, keine sensiblen oder identifizierenden personenbezogenen Daten in Prompts einzugeben, insbesondere nicht bei öffentlichen oder frei zugänglichen KI-Modellen. Bei der Nutzung von KI-Systemen im Unternehmen ist zudem die Einbindung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten und die Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) nach Art. 35 DS-GVO zu prüfen, insbesondere bei umfangreicher Verarbeitung oder bei hohem Risiko für die Betroffenenrechte.
Die Frage der Haftung bei Fehlern aus der KI
Eine der zentralen und rechtlich noch nicht vollständig geklärten Fragen bei der Nutzung generativer KI ist die Haftung für Schäden oder Rechtsverletzungen, die durch fehlerhafte, irreführende oder schädliche KI-Outputs entstehen. Wenn eine KI beispielsweise falsche rechtliche Informationen liefert, medizinische Ratschläge gibt, die zu Schäden führen, oder diffamierende Texte über Personen generiert, stellt sich die Frage: Wer trägt die Verantwortung?
In den meisten Fällen wird eine Haftung des Nutzers in Betracht kommen, insbesondere wenn dieser den KI-Output ungeprüft übernimmt und verwendet. Die bereits diskutierte Sorgfaltspflicht des Nutzers impliziert, dass er die generierten Inhalte auf Richtigkeit und Rechtmäßigkeit prüfen muss, bevor er sich auf sie verlässt oder sie veröffentlicht. Handelt der Nutzer fahrlässig, indem er eine notwendige Prüfung unterlässt, kann er für daraus resultierende Schäden haftbar gemacht werden, beispielsweise wegen Falschberatung, Verletzung von Verkehrssicherungspflichten oder Persönlichkeitsrechtsverletzungen.
Allerdings können auch der Entwickler oder der Anbieter des KI-Systems in die Haftung genommen werden. Denkbar sind Ansprüche aus Produkthaftung, wenn das KI-System als fehlerhaftes Produkt eingestuft wird, das bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Schäden verursacht. Auch vertragliche Haftungsansprüche gegenüber dem Anbieter (z.B. wegen Schlechtleistung) oder deliktische Ansprüche (z.B. wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten bei der Gestaltung des Systems) sind möglich. Die Abgrenzung der Verantwortlichkeiten ist komplex und hängt stark vom Einzelfall, der Art des Fehlers und der Gestaltung des KI-Systems ab.
Aktuelle Diskussionen und die KI-Verordnung zielen darauf ab, klarere Regeln für die Haftung im KI-Kontext zu schaffen, insbesondere für Hochrisiko-KI-Systeme. Ziel ist es, die Beweislast für Geschädigte zu erleichtern und klare Verantwortlichkeiten entlang der Wertschöpfungskette festzulegen. Wie der Artikel Welche Pflichten man bei der Nutzung generativer KI hat ausführt, ist die Klärung der Haftung, besonders bei Schäden durch fehlerhafte Anleitungen oder Informationen, ein zentraler Punkt für die Rechtssicherheit. Bis klare gesetzliche Regelungen greifen, bleibt eine sorgfältige Prüfung des KI-Outputs durch den Nutzer unerlässlich, um eigene Haftungsrisiken zu minimieren.
Fazit
Die Nutzung generativer KI-Systeme bringt zweifellos enorme Potenziale mit sich, erfordert aber auch ein Bewusstsein und die Einhaltung verschiedenster Pflichten. Für Nutzer stehen insbesondere die Sorgfaltspflicht bei der Überprüfung der generierten Inhalte, die Beachtung des Urheberrechts sowie der Datenschutz im Vordergrund. Es ist entscheidend, die KI-Outputs kritisch zu hinterfragen, insbesondere auf Richtigkeit und potenzielle Rechtsverletzungen. Auch die Verarbeitung personenbezogener Daten über Prompts verlangt besondere Vorsicht und die Einhaltung der DS-GVO. Die Frage der Haftung bei Fehlern ist komplex und hängt vom konkreten Fall ab, wobei eine Prüfungspflicht des Nutzers die eigene Verantwortung erhöht. Da sich der rechtliche Rahmen für KI, insbesondere durch die KI-Verordnung, noch im Wandel befindet, ist es unerlässlich, auf dem Laufenden zu bleiben und proaktive Compliance-Strategien zu entwickeln. Eine verantwortungsvolle Nutzung von KI erfordert kontinuierliche Anpassung an neue Gegebenheiten und ein hohes Maß an Verantwortlichkeit.