Die Betriebsratswahl – Zeitpunkt der Wahl, Wahlrecht und Wahlanfechtung
Die wesentlichen Rahmenbedingungen der Betriebsratswahl sind in den §§ 7 bis 20 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Die Details der Wahl finden sich für die weitaus meisten Betriebe in der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (Wahlordnung – WO).
1. Zeitpunkt der Betriebsratswahl
Der Zeitpunkt der Betriebsratswahl ist in § 13 BetrVG festgelegt. Dort wird unterschieden zwischen regelmäßigen und außerordentlichen Betriebsratswahlen. Bei den regelmäßigen (turnusmäßigen) Wahlen ist der Zeitraum, in dem die Stimmabgabe stattzufinden hat, gesetzlich festgelegt, während eine außerordentliche Betriebsratswahl nur (und immer) dann stattfindet, wenn ganz bestimmte Voraussetzungen vorliegen.
a) Regelmäßige Betriebsratswahlen
Gemäß § 13 Abs. 1 BetrVG finden die regelmäßigen Betriebsratswahlen alle 4 Jahre in der Zeit vom 01. März bis 31. Mai statt. Die letzte Betriebsratswahl fand 2014 statt, die nächste findet folglich in der Zeit vom vom 1. März 2018 bis zum 31. Mai 2018 (dann 2022, 2026 usw.) statt.
b) Außerordentliche Betriebsratswahlen
Außerhalb dieser Zeiträume können Betriebsräte nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 BetrVG gewählt werden, nämlich bei Absenkung oder Anstieg der Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, Absenken der Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder, bei Rücktritt des Betriebsrats, wirksamer Anfechtung der Betriebsratswahl, Auflösung des Betriebsrats durch gerichtliche Entscheidung oder wenn ein Betriebsrat im Betrieb noch gar nicht besteht (Erstwahl).
Die Amtszeit dieser außerordentlich gewählten Betriebsräte wird durch Verlängerung oder Verkürzung der Amtszeit so angepasst, dass die dann folgende nächste Wahl wieder im regelmäßigen Turnus stattfindet.
Beispiele:
- Gründet sich in einem bisher betriebsratslosen Betrieb im Jahre 2015 ein Betriebsrat, hat er eine verkürzte Amtszeit bis maximal 31. Mai 2018 (also um die drei Jahre lang).
- Wird der Betriebsrat dagegen erst nach dem 1. März 2017 gewählt, hat er eine Amtszeit bis in den Wahlzeitraum 2022 hinein, da zwischen seiner Gründung und dem Beginn des nächsten regulären Wahlzeitraums (1. März 2018) weniger als ein Jahr liegt.
2. Wahlrecht
Im Kern einer jeden Betriebsratswahl stehen die Fragen der Wahlberechtigung und der Wählbarkeit. Die Wahlberechtigung beschreibt das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat (Stimmrecht). Die Wählbarkeit hingegen beschreibt die Fähigkeit, selbst in den Betriebsrat gewählt werden zu können.
Besondere Probleme hinsichtlich der Wahlberechtigung und der Wählbarkeit stellen sich bei gekündigten Arbeitnehmern. Dabei sind verschiedene Fallkonstellationen denkbar:
So kann es z.B. vorkommen, dass ein Arbeitsverhältnis vor Durchführung der Betriebsratswahl gekündigt wurde, die Kündigungsfrist aber erst nach Durchführung der Betriebsratswahl abläuft. Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass die Kündigung vor der Wahl erfolgt und die Kündigungsfrist zum Zeitpunkt der Durchführung der Wahl bereits abgelaufen ist.
In der Praxis finden sich regelmäßig Fälle, in denen derlei Arbeitnehmer im gekündigten Arbeitsverhältnis als Wahlbewerber in der Betriebsratswahl auftreten und häufig auch tatsächlich gewählt werden. Hier stellt sich die Frage, ob in den jeweiligen Fallkonstellationen überhaupt Wahlberechtigung und Wählbarkeit bestehen und wie auf eine etwaige Wahlbewerbung und Wahl reagiert werden kann.
a) Wahlberechtigung
Die Wahlberechtigung ist in § 7 BetrVG geregelt. Wahlberechtigt sind danach alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen (Leiharbeitnehmer), so sind diese Arbeitnehmer wahlberechtigt, sofern sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden.
aa) Wahlberechtigung nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses und Ablauf der Kündigungsfrist
Wahlberechtigt sind nur die Arbeitnehmer des Betriebes. Nach einer in der Rechtsprechung entwickelten „Zwei-Komponenten-Lehre“ ist daher in aller Regel zu fordern, dass der Arbeitnehmer zum Betriebsinhaber in einem Arbeitsverhältnis steht und von ihm innerhalb der betrieblichen Organisation auch tatsächlich eingesetzt wird, ihm also ein Arbeitsbereich als Arbeitnehmer zugewiesen ist (BAG, Beschuss vom 17.02.2010, Az. 7 ABR 51/08).
Ob diese Voraussetzungen auch bei gekündigten Arbeitsverhältnissen erfüllt sind, hängt von der jeweiligen Fallgestaltung ab. Endet die Kündigungsfrist vor der Betriebsratswahl und hat der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhoben, mangelt es im Regelfall an einer Betriebseingliederung. Die Wahlberechtigung ist damit dauerhaft entfallen.
Ist die Kündigungsfrist abgelaufen, hat der Arbeitnehmer indes Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben, hängt die Wahlberechtigung davon ab, ob der Arbeitnehmer zunächst weiterbeschäftigt wird, so z.B. in einem sog. Prozessbeschäftigungsverhältnis. Erfolgt eine solche Weiterbeschäftigung, nimmt das Bundesarbeitsgericht die weiterbestehende Wahlberechtigung an. Ist keine Weiterbeschäftigungssituation gegeben, soll die Wahlberechtigung entfallen. Hier argumentiert das Gericht, zum Zeitpunkt der Wahl müsse feststehen, ob der Arbeitnehmer nach § 7 BetrVG wählen darf oder nicht. Die Beteiligung nicht wahlberechtigter Arbeitnehmer könne später nicht mehr korrigiert werden. Ebenso wenig könne die Stimmabgabe eines gekündigten Arbeitnehmers nachgeholt werden, sobald rechtskräftig die Rechtsunwirksam der Kündigung festgestellt wird (BAG, Beschluss vom 10.11.2004, Az. 7 ABR 12/04).
Jegliche Wahlberechtigung entfällt nach einer außerordentlichen Kündigung/fristlosen Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB, sofern der Arbeitnehmer nicht vorläufig weiterbeschäftigt wird.
b) Wahlberechtigung innerhalb der Kündigungsfrist
Ist dem Arbeitnehmer ein Kündigungsschreiben zugegangen bzw. hat der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber selbst die Kündigung erklärt und findet die Betriebsratswahl noch innerhalb der Kündigungsfrist statt, ist der betreffende Arbeitnehmer wahlberechtigt. Dies soll sogar für den Fall gelten, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber von der Erbringung der Arbeitspflicht freigestellt wurde. Diese Auffassung ist konsequent, verhindert sie doch etwaige Wahlbeeinflussungen durch arbeitgeberseitige Freistellungen.
b) Wählbarkeit
Die Wählbarkeit hingegen beschreibt die Fähigkeit, selbst in den Betriebsrat gewählt werden zu können. Die maßgebliche gesetzliche Vorschrift findet sich in § 8 BetrVG. Wählbar sind danach alle Wahlberechtigten, die dem Betrieb seit (mindestens) 6 Monaten angehören oder als in Heimarbeit Beschäftigte in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben. Nicht wählbar ist, wer in Folge einer strafgerichtlichen Verurteilung die Fähigkeit verloren hat, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen. Der Verlust dieser Fähigkeit ergibt sich nach § 45 Abs. 1 StGB stets bei einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen eines Verbrechens zu einer Mindestfreiheitstrafe von einem Jahr.
Dieser Verlust ist allerdings auf die Dauer von 5 Jahren nach Rechtskraft des Urteils beschränkt.
Nach dem Gesetzeswortlaut setzt die Wählbarkeit eine Wahlberechtigung voraus. Insoweit ergibt sich ohne weiteres, dass jedenfalls Arbeitnehmer, denen außerordentlich bzw. fristlos gekündigt wurde oder deren Kündigungsfrist im Rahmen einer ordentlichen Kündigung abgelaufen ist, jedenfalls dann nicht wählbar sind, wenn kein Kündigungsschutzverfahren eingeleitet und keine vorläufige Weiterbeschäftigung erfolgt ist.
Allerdings war streitig, wie die Frage der Wählbarkeit zu beantworten ist, wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben hat.
3. Wahlanfechtung und Nichtigkeit
Bei den verschiedenen Verfahrensarten zur Betriebsratswahl müssen zahlreiche Wahlvorschriften beachtet werden. Die Praxis zeigt, dass die Fehlerquote gerade nicht geschulter Wahlvorstände erheblich ist. Wird die Wahl trotz etwaiger Mängel fortgesetzt, stellt sich die Frage, ob die Wahl angefochten werden kann bzw. gravierende Mängel sogar zur Nichtigkeit der Wahl führen.
a) Nichtigkeit einer Betriebsratswahl
Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist gesetzlich nicht geregelt. Sie ist aber als Rechtsfolge nach allgemeiner Auffassung von Literatur und Rechtsprechung dann anerkannt, wenn gegen wesentliche Grundsätze der Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass nicht einmal mehr der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl vorliegt. Notwendig für eine Nichtigkeit ist damit ein besonders grober und offensichtlicher Verstoß gegen wesentliche gesetzliche Wahlregeln. Die Nichtigkeit der Wahl kann zu jeder Zeit geltend gemacht werden. Eine Bindung an bestimmte Fristen zur Anrufung des Arbeitsgerichts besteht nicht. Rechtsfolge ist eine Unwirksamkeit ex tunc (rückwirkend), so, als ob ein Betriebsrat nie existiert hätte.
Wird gegen wesentliche Grundsätze des Wahlrechts in einem so hohen Maß verstoßen, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl mehr vorliegt, soll dies nach allgemeiner Auffassung von Literatur und Rechtsprechung zur Nichtigkeit der Wahl führen. Hier ist ein besonders grober und offensichtlicher Verstoß gegen wesentliche gesetzliche Wahlregeln vonnöten. Die Nichtigkeit der Wahl kann zu jeder Zeit geltend gemacht werden. Eine Bindung an bestimmte Fristen zur Anrufung des Arbeitsgerichts besteht nicht.
b) Möglichkeit der Wahlanfechtung
Liegen keine Nichtigkeitsgründe vor, kommt bei Verstößen gegen Wahlvorschriften lediglich die Wahlanfechtung in Betracht.
Dazu ist in § 19 BetrVG die Möglichkeit der Wahlanfechtung vor den Arbeitsgerichten vorgesehen. Allerdings soll das lange und aufwändige Verfahren der Betriebsratswahl nicht gleich wegen jeder Kleinigkeit auf den Kopf gestellt werden. Nach der Regelung kann die Wahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Die Wahlanfechtung steht unter dem Vorbehalt, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis auch tatsächlich geändert oder beeinflusst werden konnte. Mit anderen Worten: Liegt ein Fehler vor, der aber für den Ausgang der Wahl gänzlich ohne Bedeutung ist, soll auch eine Wahlanfechtung ausscheiden.
Nach § 19 Abs. 2 BetrVG kann eine Wahlanfechtung nicht durch jedermann erfolgen. Anfechtungsberechtigt sind lediglich mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Zu beachten ist, dass die Wahlanfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, gerechnet vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an, zulässig ist.
Fazit:
Eine Betriebsratswahl steckt voller Fallstricke. Haben Sie Fragen zur Betriebsratswahl, kontaktieren Sie uns.
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