Kostengünstigere Inhouse-Schulung statt externer Seminarteilnahme
Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat jedenfalls dann darauf verweisen, eine Fortbildung nach § 37 Abs. 6 BetrVG als Inhouse-Schulung durchzuführen, wenn der Besuch eines inhaltsgleichen externen Seminars zu einer deutlichen Kostenmehrbelastung führen würde (hier: + 70%) und keine gewichtigen Interessen des Betriebsrats entgegenstehen.
ArbG Trier, Beschluss v. 20.11.2014 – 3 BV 11/14 –
Zum Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Betriebsrats zur Teilnahme an einer externen Fortbildungsveranstaltung. Der Antragsteller (im Folgenden: Betriebsrat) ist der beim Antragsgegner (im Folgenden: Arbeitgeber) gebildete Betriebsrat. Er besteht aus 7 Mitgliedern sowie einem Ersatzmitglied. Am 28.11.2013 fasste er den Beschluss, seine Mitglieder V, U und T sowie das Ersatzmitglied S zum Grundlagenseminar „Betriebsverfassungsrecht II” des Seminaranbieters P. Institut für Betriebsräte-Fortbildung AG (im Folgenden: P.) für den Zeitraum vom 25.03. bis 28.03.2014 nach R‑Stadt zu schicken. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und bot eine Inhouse-Schulung desselben Seminaranbieters mit gleichem Schulungsinhalt an unter Verweis darauf, ein solches Inhouse-Seminar sei gut 3.000,00 EUR günstiger. Der Betriebsrat trägt vor, er könne nicht auf ein Inhouse-Seminar verwiesen werden, sondern habe das Recht, ein externes Seminar zu besuchen. Die Kosten bewegten sich im üblichen Rahmen. Der Erfahrungsaustausch mit Mitgliedern anderer Betriebsräte sei ein anerkannter Schulungszweck. Dieser könne bei einer Inhouse-Schulung nicht erfüllt werden. Der Antragsteller hat zuletzt noch beantragt,
1. dem Antragsgegner aufzugeben, die Betriebsratsmitglieder V, U und T zur Teilnahme am Seminar “Betriebsverfassungsrecht II” des Seminar-Veranstalters P. für die Zeit vom 02.02. bis 05.02.2015 in RStadt oder vom 09.03. bis 12.03.2015 in Q‑Stadt oder für die Zeit vom 27.04. bis 30.04.2015 in Q‑Stadt unter Fortzahlung der üblichen Vergütung von der Arbeit freizustellen;
2. dem Antragsgegner aufzugeben, das Ersatzmitglied des Betriebsrats S zur Teilnahme am Seminar „Betriebsverfassungsrecht II” des Seminar-Veranstalters P. für die Zeit vom 02.02. bis 05.02.2015 in RStadt oder vom 09.03. bis 12.03.2015 in Q‑Stadt oder für die Zeit vom 27.04. bis 30.04.2015 in Q‑Stadt unter Fortzahlung der üblichen Vergütung von der Arbeit freizustellen. Der Antragsgegner beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er erklärt sich damit einverstanden, die benannten Betriebsratsmitglieder sowie das Ersatzmitglied auf das vom Betriebsrat gewünschte Seminar des gewünschten Seminaranbieters zu schicken, allerdings nicht extern, sondern nur als Inhouse-Seminar. Hierzu legt er eine aufgrund der Angaben des Seminaranbieters P. erstellte Kostenkalkulation vor, die für das externe Seminar einen Gesamtbetrag von 7.756,64 EUR ausweist (1.243,55 EUR Seminarkosten, 350,96 EUR Übernachtungskosten, 309,40 EUR Verpflegungspauschale pro Person sowie einmalig 141,00 EUR Fahrtkosten) gegenüber 4.589,15 EUR für die Inhouse-Schulung (Gesamtseminarkosten von 3.909,15 EUR, Übernachtungskosten für den Referenten von 225,00 EUR, Reisekosten für denselben von 275,00 EUR sowie Schulungsmaterial in Höhe von 180,00 EUR). Er sei ein gemeinnütziger Verein und werde aus öffentlichen Geldern bezuschusst, weshalb er möglichst kostengünstig wirtschaften müsse. Es sei ihm nicht zuzumuten, die erhebliche Differenz zwischen externer Schulung und Inhouse-Seminar zu tragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.
Aus den Gründen
Die Anträge sind in ihrer zuletzt gestellten Form zulässig (vgl. hierzu im einzelnen BAG 18.01.2012, NZA 2012, 813, 817), aber gleichwohl nicht begründet. 1. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die in den Anträgen genannten drei Mitglieder sowie das Ersatzmitglied grundsätzlich die Fortbildung “Betriebsverfassungsrecht II” des Seminarveranstalters P. besuchen dürfen. Streitig ist einzig und allein, ob der Betriebsrat verlangen kann, dieses Seminar extern zu besuchen oder sich auf die vom Arbeitgeber angebotene Inhouse-Schulung verweisen lassen muss. Letzteres ist hier der Fall.
2. Das Grundlagenseminar „Betriebsverfassungsrecht II” stellt unstreitig eine Schulungsveranstaltung im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG dar. Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich insoweit aus § 40 Abs. 1 BetrVG. Danach hat der Arbeitgeber die Kosten allerdings auch für eine an sich erforderliche Schulung nicht in unbegrenzter Höhe zu tragen. Insoweit kann sich die Teilnahme an einer bestimmten Fortbildungsveranstaltung als nicht erforderlich erweisen, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auch auf andere Weise verschaffen kann (BAG 15.05.1986 NZA 1987, 63, 65; 18.01.2012 NZA 2012, 813, 815; LAG Berlin-Brandenburg 03.05.2013 – 10 TaBV 88/13; LAG Schleswig-Holstein 23.09.1987 LAGE § 37 BetrVG 1972 Nr. 23). Daher muss der Betriebsrat bei seiner Auswahlentscheidung unter gleichwertigen Angeboten das kostengünstigere wählen (BAG 15.05.1986 NZA 1987, 63, 65; 18.01.2012 NZA 2012, 813, 815; LAG Berlin-Brandenburg, 03.05.2013 – 10 TaBV 88/13; LAG Schleswig-Holstein 23.09.1987 LAGE § 37 BetrVG 1972 Nr. 23; Fitting, BetrVG, 27. Aufl. 2014, § 40 Rn. 74; GK-BetrVG/Weber, 10. Aufl. 2014, § 40 Rn. 72; Richardi/Thüsing BetrVG, 13. Aufl. 2012, § 40 Rn. 40). 3. Danach muss sich der Betriebsrat auf die vom Arbeitgeber angebotene Inhouse-Schulung verweisen lassen. Der Arbeitgeber hat aufgrund der Informationen des Seminar-Anbieters P., den der Betriebsrat ausdrücklich gewünscht hat, für beide Seminarmöglichkeiten einen Kostenplan erstellt, der die InhouseSchulung als gut 3.000,00 EUR billiger ausweist. Dies liegt wohl insbesondere daran, dass der Seminaranbieter für eine Inhouse-Schulung nur drei Tage Seminarzeit veranschlagt und die An- und Abreisezeiten von insgesamt einem Tag für die vier Arbeitnehmer entfielen, was die Kosten für entsprechenden Ersatz an deren Arbeitsplätzen einspart. Dieser Kostenkalkulation ist der Betriebsrat nicht substantiiert entgegengetreten, so dass die darin genannten Zahlen zugrunde zu legen waren. Danach erwies sich die Inhouse-Schulung als 40% billiger im Vergleich zu der externen Schulung. Selbst wenn man, wie im Kammertermin erstmals angesprochen, die Schulung nicht in R‑Stadt, sondern in Q‑Stadt durchführen würde, entfielen nicht die Verpflegungs- und Übernachtungskosten, sondern lediglich die Fahrtkosten. Diese schlagen in der Kalkulation des Arbeitgebers aber mit 141,00 EUR nicht nennenswert zu Buche, so dass weiterhin eine Differenz von über 3.000,00 EUR verbliebe. Diese ist dem Arbeitgeber als gemeinnützigem Verein, der sich jedenfalls auch aus öffentlichen Geldern und Zuschüssen finanziert, nicht zuzumuten. Seminaranbieter und Seminarinhalt bleiben identisch, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Schulungserfolg ist damit in keinster Weise gefährdet und im Rahmen eines InhouseSeminars durchaus als gleichwertig zu einem externen Seminar (wenn infolge der Kleingruppe nicht sogar noch höher) anzusetzen. Wenn das Bundesarbeitsgericht dem Betriebsrat aber bereits auferlegt, unter gleichwertigen Angeboten „die näher gelegenen” auszuwählen, “um Reisekosten zu ersparen” (BAG 15.05.1986 NZA 1987, 53, 65), so muss dies erst recht gelten, wenn es sich nicht nur um höhere Reisekosten, sondern um einen erheblich höheren für ein externes Seminar aufzuwenden Betrag insgesamt handelt wie hier. Dies gilt auch dann, wenn man nicht mit dem LAG Schleswig-Holstein (23.09.1987 LAGE § 37 BetrVG 1972 Nr. 23) den Maßstab zugrunde legt, der Betriebsrat habe stets zu prüfen, welche Entscheidung er träfe, wenn er die Kosten aus eigener Tasche zu tragen hätte. 4. Dem steht der Verweis des Antragsteller-Vertreters auf die Rechtsprechung des BAG, der Betriebsrat sei nicht gehalten, stets die kostengünstigste Schulungsveranstaltung auszuwählen, nicht entgegen, da er das vorgenannte Zitat aus seinem Kontext nimmt. Das Bundesarbeitsgericht erlaubt dem Betriebsrat lediglich, auch einmal nicht die kostengünstigste Schulungsveranstaltung auszuwählen, „wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält” (BAG 19.03.2008 – 7 ABR 2/07; ebenso bereits BAG 15.05.1986 NZA 1987, 63, 65). Vorliegend handelt es sich bei dem externen Seminar aber gerade nicht um eine qualitativ höherwerttige Schulung, sondern um genau denselben Schulungsinhalt durch genau denselben Seminaranbieter.
5. Nichts daran ändert der Verweis des Antragsteller-Vertreters darauf, das LAG Berlin-Brandenburg habe den Erfahrungsaustausch mit Mitgliedern anderer Betriebsräte als Schulungszweck anerkannt. Aus der insoweit in Bezug genommenen Entscheidung (LAG Berlin-Brandenburg 03.05.2013 – 10 TaBV 88/13) ergibt sich vielmehr genau das Gegenteil. Das Gericht judiziert dort unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung gerade nicht erforderlich ist, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann. Über den Einwand des dortigen Arbeitgebers, eine InhouseSchulung wäre günstiger gewesen, hat das Gericht überhaupt nicht entschieden, weil die InhouseSchulung ein ganz anderes Seminarthema als das externe Seminar hatte und es sich damit um gar keine vergleichbare Fortbildungsveranstaltung handelte (vgl. Rn. 37 des o.g. Beschlusses). Eine eigene Bewertung des Erfahrungsaustauschs mit Mitgliedern anderer Betriebsräte nimmt das LAG BerlinBrandenburg in dem vom Betriebsrat benannten Beschluss an keiner Stelle vor. Das einzige Mal, dass der Erfahrungsaustausch dort überhaupt Erwähnung findet, liegt in der Wiedergabe des erstinstanzlichen Vorbringens des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitsgericht. Darin liegt, was dem Betriebsrat unschwer erkennbar war, aber mitnichten eine eigene inhaltliche Aussage des Landesarbeitsgerichts.