KI-Recht: Was gilt und was sind Folgen für die Praxis?

Künstliche Intelligenz (KI) durchdringt zunehmend unseren Alltag und verändert Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend. Diese Entwicklung wirft komplexe rechtliche Fragen auf, die von Datenschutz über Haftung bis hin zu ethischen Aspekten reichen. Die Unsicherheit über geltende Regeln und deren praktische Auswirkungen stellt Unternehmen und Einzelpersonen vor große Herausforderungen. Der Artikel beleuchtet die aktuelle Rechtslage im KI-Recht, identifiziert die wichtigsten Problemfelder und analysiert die Konsequenzen für die praktische Anwendung von KI-Systemen.

Grundlagen des KI-Rechts: Ein Überblick

Das KI-Recht ist ein Querschnittsbereich, der verschiedene Rechtsgebiete berührt. Es gibt kein einzelnes, umfassendes „KI-Gesetz“ im traditionellen Sinne, sondern eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen, die auf KI-Systeme Anwendung finden.

Ein wesentlicher Baustein ist das EU-KI-Gesetz (Artificial Intelligence Act), das darauf abzielt, einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Entwicklung, das Inverkehrbringen und die Nutzung von KI-Systemen in der Europäischen Union zu schaffen. Es legt risikobasierte Anforderungen fest, wobei KI-Systeme je nach Gefährdungspotenzial in verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Hochrisiko-KI-Systeme, wie sie beispielsweise in kritischen Infrastrukturen, im Bildungsbereich oder bei der Strafverfolgung eingesetzt werden, unterliegen strengen Auflagen, um Grundrechte und Sicherheit zu gewährleisten. Dazu gehören Anforderungen an die Datengrundlage, Transparenz, menschliche Aufsicht und Robustheit.

Neben dem EU-KI-Gesetz ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) von zentraler Bedeutung, insbesondere wenn KI-Systeme personenbezogene Daten verarbeiten. Die DSGVO regelt die Verarbeitung personenbezogener Daten durch private Unternehmen und öffentliche Stellen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten durch KI-Systeme auf einer rechtmäßigen Grundlage basiert, transparent erfolgt und die Rechte der betroffenen Personen (z.B. Auskunftsrecht, Recht auf Berichtigung, Recht auf Löschung) gewahrt werden.

Darüber hinaus sind nationale Gesetze und Vorschriften zu berücksichtigen, die spezifische Aspekte der KI-Nutzung regeln. Dies können beispielsweise Gesetze zur Produkthaftung, zum Wettbewerbsrecht oder zum Arbeitsrecht sein.

Die rechtlichen Grundlagen des KI-Rechts sind komplex und entwickeln sich stetig weiter. Unternehmen und Einzelpersonen, die KI-Systeme entwickeln oder einsetzen, müssen sich daher umfassend informieren und die geltenden Regeln einhalten, um rechtliche Risiken zu minimieren.

Quelle: KI-Gesetz | Gestaltung der digitalen Zukunft Europas (Europäische Kommission) – https://digital-strategy.ec.europa.eu/de/policies/regulatory-framework-ai

KI-Systeme in der Praxis: Anwendungsbereiche und Risikobewertung

KI-Systeme werden in einer Vielzahl von Anwendungsbereichen eingesetzt, die von der Automatisierung von Geschäftsprozessen über die personalisierte Medizin bis hin zur Entwicklung autonomer Fahrzeuge reichen. Jeder Anwendungsbereich birgt spezifische rechtliche Risiken, die sorgfältig bewertet werden müssen.

Im Gesundheitswesen werden KI-Systeme beispielsweise zur Diagnose von Krankheiten, zur Entwicklung personalisierter Behandlungspläne oder zur Unterstützung von Operationen eingesetzt. Rechtliche Risiken ergeben sich hier insbesondere aus dem Datenschutzrecht, da sensible Gesundheitsdaten verarbeitet werden, sowie aus dem Haftungsrecht, wenn es zu Fehlentscheidungen aufgrund von KI-basierten Diagnosen kommt.

Im Finanzsektor werden KI-Systeme zur Betrugserkennung, zur Kreditwürdigkeitsprüfung oder zur algorithmischen Handelsstrategie eingesetzt. Rechtliche Risiken bestehen hier vor allem im Bereich des Diskriminierungsverbots, wenn KI-Systeme aufgrund bestimmter Merkmale (z.B. ethnischer Herkunft) zu unfairen oder diskriminierenden Entscheidungen führen, sowie im Bereich der Transparenz, wenn die Funktionsweise der KI-Systeme nicht nachvollziehbar ist.

Im Personalwesen werden KI-Systeme zur Bewerberauswahl, zur Leistungsbeurteilung oder zur Personalplanung eingesetzt. Rechtliche Risiken ergeben sich hier insbesondere aus dem Diskriminierungsverbot, wenn KI-Systeme aufgrund bestimmter Merkmale (z.B. Geschlecht, Alter) zu unfairen oder diskriminierenden Entscheidungen führen, sowie aus dem Datenschutzrecht, wenn personenbezogene Daten der Mitarbeiter verarbeitet werden.

In der öffentlichen Verwaltung werden KI-Systeme zur Entscheidungsfindung in verschiedenen Bereichen eingesetzt. Die Fraunhofer Studie „Künstliche Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung“ zeigt auf, dass dies Chancen und Herausforderungen mit sich bringt. So können KI-Systeme beispielsweise bei der Bearbeitung von Anträgen, der Überwachung von Gesetzen oder der Vorhersage von Kriminalität eingesetzt werden. Rechtliche Risiken bestehen hier insbesondere im Bereich der Transparenz, wenn die Entscheidungen der KI-Systeme nicht nachvollziehbar sind, sowie im Bereich der Verantwortlichkeit, wenn es zu Fehlentscheidungen kommt.

Die Risikobewertung von KI-Systemen ist ein komplexer Prozess, der eine umfassende Analyse der potenziellen Auswirkungen auf Grundrechte, Sicherheit und andere Schutzgüter erfordert. Unternehmen und Organisationen sollten daher frühzeitig eine Risikobewertung durchführen, um rechtliche Risiken zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um diese zu minimieren.

Quelle: KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG (Fraunhofer) – https://publica.fraunhofer.de/bitstreams/d3d9f520-1fd4-4516-98d6-a3370c134155/download

Datenschutzrechtliche Aspekte beim Einsatz von KI

Der Einsatz von KI-Systemen bringt erhebliche datenschutzrechtliche Herausforderungen mit sich, insbesondere im Hinblick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stellt hohe Anforderungen an die Verarbeitung personenbezogener Daten und verpflichtet Unternehmen und Organisationen, die KI-Systeme einsetzen, sicherzustellen, dass die Verarbeitung auf einer rechtmäßigen Grundlage basiert, transparent erfolgt und die Rechte der betroffenen Personen gewahrt werden.

Eine zentrale Herausforderung ist die Transparenzpflicht. Betroffene Personen haben das Recht zu erfahren, welche Daten über sie verarbeitet werden und wie diese Daten verwendet werden. Bei KI-Systemen ist es jedoch oft schwierig, die Funktionsweise der Algorithmen nachzuvollziehen und die Entscheidungen der KI-Systeme zu erklären. Unternehmen müssen daher geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Transparenz zu gewährleisten, beispielsweise durch die Bereitstellung von Informationen über die Funktionsweise der KI-Systeme oder durch die Möglichkeit, Entscheidungen der KI-Systeme zu überprüfen.

Ein weiteres Problem ist die Einwilligung der betroffenen Personen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn die betroffene Person in die Verarbeitung eingewilligt hat. Bei KI-Systemen ist es jedoch oft schwierig, eine informierte Einwilligung zu erhalten, da die betroffenen Personen oft nicht verstehen, wie die KI-Systeme funktionieren und welche Auswirkungen die Verarbeitung ihrer Daten hat. Unternehmen müssen daher sicherstellen, dass die Einwilligung freiwillig, informiert und eindeutig erfolgt.

Die Rechte der Betroffenen (z.B. Auskunftsrecht, Recht auf Berichtigung, Recht auf Löschung, Recht auf Einschränkung der Verarbeitung, Recht auf Datenübertragbarkeit, Widerspruchsrecht) müssen auch beim Einsatz von KI-Systemen gewahrt werden. Unternehmen müssen geeignete Verfahren einrichten, um die Ausübung dieser Rechte zu ermöglichen und sicherzustellen, dass die Rechte der Betroffenen nicht durch den Einsatz von KI-Systemen beeinträchtigt werden.

Die Anonymisierung und Pseudonymisierung von Daten können dazu beitragen, das Datenschutzrisiko beim Einsatz von KI-Systemen zu minimieren. Durch die Anonymisierung von Daten werden die Daten so verändert, dass sie nicht mehr einer bestimmten Person zugeordnet werden können. Durch die Pseudonymisierung von Daten werden die Daten so verändert, dass sie nur noch mit Hilfe zusätzlicher Informationen einer bestimmten Person zugeordnet werden können.

Unternehmen und Organisationen, die KI-Systeme einsetzen, müssen die geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen einhalten und geeignete Maßnahmen ergreifen, um den Schutz der personenbezogenen Daten zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA), wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten mit einem hohen Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen verbunden ist.

Quelle: Rechtsgrundlagen im Datenschutz beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg) – Umfasst die Rechtsgrundlagen des Datenschutzes beim Einsatz von KI.

Haftung für KI-Systeme: Wer trägt die Verantwortung?

Die Frage der Haftung für Schäden, die durch KI-Systeme verursacht werden, ist komplex und rechtlich noch nicht abschließend geklärt. Grundsätzlich kommen verschiedene Haftungsmodelle in Betracht, wie beispielsweise die Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHG) oder die Verschuldenshaftung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Die Produkthaftung greift ein, wenn ein fehlerhaftes Produkt einen Schaden verursacht. Ein KI-System kann als Produkt im Sinne des ProdHG angesehen werden. Allerdings ist umstritten, wann ein KI-System als fehlerhaft anzusehen ist. Ein Fehler kann beispielsweise vorliegen, wenn das KI-System nicht die erwarteten Ergebnisse liefert oder wenn es aufgrund von Fehlern in den Algorithmen zu falschen Entscheidungen kommt.

Die Verschuldenshaftung setzt ein Verschulden des Schädigers voraus. Bei KI-Systemen ist es oft schwierig, ein Verschulden nachzuweisen, da die Funktionsweise der KI-Systeme komplex und unvorhersehbar sein kann. Ein Verschulden kann beispielsweise vorliegen, wenn der Entwickler des KI-Systems Fehler bei der Entwicklung gemacht hat oder wenn der Betreiber des KI-Systems das KI-System nicht ordnungsgemäß überwacht hat.

Neben der Produkthaftung und der Verschuldenshaftung kommen auch andere Haftungsmodelle in Betracht, wie beispielsweise die Gefährdungshaftung. Die Gefährdungshaftung setzt kein Verschulden voraus, sondern knüpft an die Gefährlichkeit einer Sache oder Tätigkeit an. Es wird diskutiert, ob eine Gefährdungshaftung für KI-Systeme eingeführt werden sollte, da KI-Systeme potenziell große Schäden verursachen können.

Die EU-Kommission hat im Jahr 2020 einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Haftung für fehlerhafte Produkte vorgelegt, der auch die Haftung für KI-Systeme regeln soll. Der Vorschlag sieht vor, dass der Hersteller eines KI-Systems für Schäden haftet, die durch das KI-System verursacht werden, es sei denn, er kann nachweisen, dass der Schaden nicht auf einem Fehler des KI-Systems beruht.

Die Frage der Haftung für KI-Systeme ist von großer Bedeutung, da sie entscheidet, wer für Schäden aufkommt, die durch KI-Systeme verursacht werden. Eine klare und eindeutige Regelung der Haftung ist wichtig, um das Vertrauen in KI-Systeme zu stärken und die Entwicklung und den Einsatz von KI-Systemen zu fördern.

Ethische Fragen und gesellschaftliche Auswirkungen des KI-Rechts

Der Einsatz von KI wirft eine Vielzahl von ethischen Fragen auf, die im Recht berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören Fragen der Diskriminierung, Fairness, Transparenz und Verantwortlichkeit. KI-Systeme können beispielsweise zu diskriminierenden Entscheidungen führen, wenn sie auf verzerrten Daten trainiert werden oder wenn die Algorithmen selbst diskriminierend sind. Es ist daher wichtig, sicherzustellen, dass KI-Systeme fair und diskriminierungsfrei sind.

Die Transparenz von KI-Systemen ist ein weiteres wichtiges ethisches Anliegen. Es ist wichtig, dass die Funktionsweise der KI-Systeme nachvollziehbar ist, damit die Entscheidungen der KI-Systeme überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden können. Unternehmen müssen daher geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Transparenz der KI-Systeme zu gewährleisten.

Die Frage der Verantwortlichkeit ist ebenfalls von großer Bedeutung. Es muss klar sein, wer für die Entscheidungen der KI-Systeme verantwortlich ist und wer für Schäden aufkommt, die durch KI-Systeme verursacht werden. Eine klare Regelung der Verantwortlichkeit ist wichtig, um das Vertrauen in KI-Systeme zu stärken.

Der Einsatz von KI hat auch erhebliche gesellschaftliche Auswirkungen, insbesondere auf die Arbeitswelt. KI-Systeme können Arbeitsplätze automatisieren und verändern, was zu Arbeitslosigkeit und sozialer Ungleichheit führen kann. Es ist daher wichtig, die Auswirkungen von KI auf die Arbeitswelt zu analysieren und Maßnahmen zu ergreifen, um die negativen Auswirkungen zu minimieren.

Die ethischen Implikationen von KI müssen bei der Entwicklung und dem Einsatz von KI-Systemen berücksichtigt werden. Unternehmen und Organisationen sollten ethische Leitlinien entwickeln und sicherstellen, dass die KI-Systeme im Einklang mit diesen Leitlinien entwickelt und eingesetzt werden. Die Politik muss einen Rechtsrahmen schaffen, der die ethischen Fragen berücksichtigt und die negativen gesellschaftlichen Auswirkungen minimiert.

Quelle: „KI und Arbeitsrecht“ – Individualarbeitsrechtliche Aspekte (1. Teil) (gvw.com) – Analysiert die Auswirkungen von KI auf das Arbeitsrecht.

Weiterführende Quellen

Fazit

Der Einsatz von KI birgt erhebliche rechtliche Herausforderungen, die sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringen. Eine umfassende Auseinandersetzung mit den geltenden Regeln und deren praktischen Auswirkungen ist unerlässlich, um KI-Systeme verantwortungsvoll und im Einklang mit dem Recht zu entwickeln und einzusetzen. Die Rechtslage befindet sich in einem stetigen Wandel, weshalb eine kontinuierliche Beobachtung und Anpassung erforderlich sind. Unternehmen müssen sich aktiv mit den Themen Datenschutz, Haftung und ethischen Fragen auseinandersetzen, um die Potenziale von KI voll auszuschöpfen und gleichzeitig rechtliche Risiken zu minimieren.